Fridolins letzte Tage

schueler.christoph schueler.emiliaMein heutiger Tag hat genauso langweilig begonnen wie immer. Mit hungrigem Magen flog ich, Fridolin, über den immergrünen Regenwald und hielt Ausschau nach meinem Frühstück. Lange Zeit fand ich nichts. Doch plötzlich entdeckte ich in weiter Ferne eine bunte Menge an wandernden Rucksäcken, die sich durch einen Fluss kämpfte. Unter den Rucksäcken versteckten sich 35 dazugehörige, junge Menschen, die sehr schmackhaft aussahen. Der Schein trügte jedoch, denn die Meute war in eine riesige Wolke aus ‚Anti-Brumm‘ und ‚No-Bite‘ gehüllt. Auch von meinen Artgenossen kam nur: “Bei denen brauchst du es gar nicht erst versuchen, Fridolin.“ Doch ich verfolgte die Gruppe weiter in der Hoffnung, dass der Gestank bald vom wohlriechenden Schweißduft überdeckt wird. Nach einiger Zeit kam sie in dem mir bekannten Camp von Miguel an. Das Camp, das ich aus Gründen des Hungers schon mehrmals besucht hatte, liegt mitten im Regenwald von Panama und besteht aus fünf Hütten, in denen Gäste schlafen können. Außerdem gibt es eine große Hütte, in der sich die Menschen zur Nahrungsaufnahme versammeln. Nach Miguels üblicher Einweisung in das Camp und das Verhalten im Regenwald, verteilten sich die Besucher auf die Hütten. Ich lauerte bei zwei nebenstehenden Häuschen, zu denen immer wieder einzelne Schüler kamen. Sie setzten sich auf Keramikschüsseln, doch bevor ich meine Mahlzeit einnehmen konnte, ließen sie Wasser in einen Eimer laufen, kippten dieses in die Keramikschüsseln und verließen das duftende Häuschen wieder. Aus Interesse verfolgte ich die Gruppe weiter, doch passierte den Rest des Tages nicht mehr viel. Kurz bevor sich alle zur Nahrungsaufnahme versammelten, gingen die Schüler noch ins Tal hinunter an den Fluss – meinen Geburtsort. Sie badeten sich und schwangen mit einer Affenschaukel ins kühle Nass, wo wieder kein Herankommen an ihr Blut war. Edgar, der Neffe von Miguel, zeigte den Jugendlichen seine sportlichsten Sprünge, doch beim Nacheifern scheiterten die meisten und machten Bauch-, Rücken- oder Gesichtsklatscher ins Wasser. Währenddessen flog ich wieder hinauf zum Camp, wo Yaneth, die Frau von Miguel, das Abendessen vorbereitete. Sie kochte Nudeln mit Hähnchenschenkeln, welche mit Genuss verspeist wurden. Da die 35 Menschen alle sehr ermüdet von ihrer dreistündigen Wanderung waren, legten sich alle in ihre Betten unter ihre Mosquitonetze, weshalb ich aufgeben musste und hungrig schlafen ging.
Am nächsten Morgen versammelten sich wieder alle, um ein Frühstück mit Bananen, Tortilla und Ananas einzunehmen. Tagsüber war ich mit Yaneth, die wieder fleißig kochte, alleine im Camp, da die Schüler in den Tiefen des Regenwaldes verschwunden waren. Am Nachmittag grub die Gruppe noch allerlei Wurzeln aus Miguels Garten aus, die im Abendessen verwertet wurden und anscheinend gut schmeckten. Als die Dunkelheit hereinbrach, entzündeten sie ein Feuer, das so fürchterlich stank, dass ich fast erstickt wäre. Ich konnte aber nicht schlafen, da ich das Gefühl hatte, zu verhungern. Und so musste ich der fröhlichen Menge beim Singen und gemütlichen Beisammensein von der Ferne aus zusehen. Nach einer Gruselgeschichte eines Schülers machten sich die ersten auf den Weg in ihrer Hütte, um zu Bett zu gehen. Das hieß für mich: Beeilung!
Denn sobald die Menschen unter ihrem Moskitonetz liegen, habe ich keine Chance mehr.
Ich flog so schnell ich konnte, doch da ich, wegen meines Hungers, so geschwächt war, verpasste ich die Gelegenheit auf ein Neues. Vor Verzweiflung umkreiste ich alle Betten und Hängematten auf der Suche nach Löchern in den Netzen. Tatsächlich!
Nach einiger Zeit hatte ich ein Loch in einem der Netze gefunden. Ich traute meinen Augen nicht und versuchte nun, hindurch zu schlüpfen. Nach dem dritten Versuch hatte ich es endlich geschafft und näherte mich der schlafenden Person. Der unglaublich deliziöse Geruch von Blut und mein großer Hunger machten mich unaufmerksam. Ohne mir der Gefahren bewusst zu sein, setzte ich mich auf die schwitzende Haut meines Opfers und stach in die größte Vene. Plötzlich bewegte sich mein Opfer unter mir und alles wurde schwarz…KLATSCH!!!

Lieber Papa! Ich wünsche dir nachträglich alles Gute zum Geburtstag und hoffe, dass dein Traum von der Atlantiküberquerung auch bald in Erfüllung geht.

von Emilia und Christoph

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