Datum: Samstag, der 05.11.2016
Mittagsposition: 28° 27,9´N 016° 14,7´W
Etmal: 123 sm
Wetter: Lufttemperatur: 23° C, Wassertemperatur: 22,5°C, Wind: W1
AutorIn: Teresa
Warum soll ich denn mitten in der Nacht aufstehen? Auch heute raffe ich mich trotz meines Widerwillens dazu auf und mache mich in stiller Eintracht mit Louise auf den Weg nach oben. Dort angekommen schaue ich mich wie gewohnt um. Etwas ist anders als sonst. Statt der tiefen Dunkelheit des Meeres und der Sterne, die sich im Wasser spiegeln, zeichnet sich am Horizont eine dünne, geschwungene Linie ab. Ein Umriss. Entfernte Lichter deuten auf Festland hin. Waren wir in den letzten Stunden wirklich so weit gekommen? Mein Unglauben wird bei der Wachübergabe von Martin bestätigt. Mit jeder Minute kommen wir Teneriffa näher und als die Nacht schließlich ganz vom Tag abgelöst wird, liegt Santa Cruz zum Greifen nah vor uns. Aber noch liegen wir nicht im Hafen und uns bleibt keine Zeit, die neue Umgebung genauer zu betrachten. Also packen alle mit an, und nach und nach werden die Segel geborgen. Dann stehen wir gespannt am Schanzkleid, der ein oder andere mit einem Fender oder einer Vorleine in der Hand.
Nach einer gefühlten Ewigkeit laufen wir unter den Blicken der an der Pier stehenden Leute ein. Wir reihen uns perfekt zwischen zwei andere Segelschiffe ein, und ein allgemeines Aufatmen ist zu hören. In den Gesichtern der anderen kann ich leuchtende Augen und ein Lächeln sehen. Alle sehen sich zum ersten Mal richtig um. Vor einer Kette von zahlreichen Bergen sind Hochhäuser in den unterschiedlichsten Formen zu sehen. Wir haben richtig Glück mit dem Wetter. Während wir die Segel packen und die Thor hafenfein machen, brennt uns die Sonne auf den Rücken. Die Sonnensegel werden gespannt und ein paar Leute bleiben stehen, um uns zuzusehen. Irgendwie sind wir alle ein bisschen stolz auf uns und unser Schiff. Gegen Nachmittag fängt es dann an zu regnen, doch das macht niemandem etwas aus. Im Gegenteil. Dankbar stehen wir an Deck unter dem Sonnenschutz und essen Apple Crumble. Langsam geht die Sonne unter und der Himmel färbt sich lila. Aber wenn andere Leute schlafen gehen, erwachen die Menschen auf Teneriffa und wir mit ihnen. In kleinen Grüppchen erkunden wir das Nachtleben des unbekannten Ortes, hier und da werden Postkarten und Süßigkeiten gekauft. Ich schaue mich um und sehe Palmen und Drachenbäume, wo in Deutschland Birken und Eichen wachsen würden. Das glückliche Lachen von Kathi, Louise und mir vermischt sich mit der Melodie eines Trompetenspielers am Straßenrand. Die Geldbeutel werden immer leerer und wir KuSis immer müder. Um kurz vor knapp gehen wir voller neuer Eindrücke zurück zum Hafen, tragen uns im Landgangsbuch aus und fallen erschöpft in unsere Kojen. Ich denke an heute morgen zurück und lache leise in mich hinein. Es hat sich also doch wieder einmal gelohnt, mitten in der Nacht aufzustehen..