Putzeckentheater

schueler-paulDatum: Sonntag, der 06.11.2016
Mittagsposition: Hafen von Santa Cruz de Teneriffe
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur: 22° C, Wassertemperatur: 23°C, Wind: –
Autor: Paul

(Die Bühne ist dunkel, man hört nur die Stimme des Erzählers)
Erzähler: Haben Putzlappen Gefühle? Schwer zu sagen, schließlich werden sie recht selten danach gefragt. Wie finden es Feudel, täglich unseren Dreck zu schlucken und am Ende nicht einmal richtig ausgewrungen zu werden? Bemerken diese Reinigungsmittel, dass wir sie brauchen, um nicht im Schmutz zu versinken? Diese Antwort möchte ich liefern: Natürlich beobachten unsere Putzutensilien mit vom Essigreiniger geschärfter Wahrnehmung ihre Umgebung genau, sonst würden sie ja wohl kaum darüber reden. Denn genau das tut unser Putzmaterial Abend für Abend nach getaner Arbeit. Und wenn man am späten Abend genau genug hinhört, kann man ihre Gespräche verstehen:

(Man sieht die Putzecke der Thor Heyerdahl. Das Putzmaterial wird auf die Bühne gebracht)
Lappen Tim (Er ist ziemlich verschmutzt und trieft): „Franzi! Ich bin wieder da!“

Feudel Franziska: „Ich dachte schon du hast wieder die Nachtschicht erwischt. Die Menschen putzen in letzter Zeit aber auch viel…“

Tim: „Das kannst du laut sagen. Zweimal Großreinschiff hintereinander und dazu noch das Putzen mitten in der Nacht vor ein paar Tagen. Außerdem weiß niemand, wie die es schaffen, dass so vieles nach einem Tag wieder dreckig ist. Seltsam, warum sie der Dreck plötzlich stört. Früher haben sie einmal am Tag Reinschiff gemacht und Samstags Großreinschiff. Das war schon anstrengend genug.“

Franziska: „Willst du dir wirklich nicht mal wieder Urlaub nehmen? Du siehst immer…naja…verdreckter aus.“

(Tim steigt schwungvoll in einen weißen Eimer und wringt sich anschließend gekonnt selbst aus)
Tim (Nun etwas weniger verschmutzt und feucht): „Einmal richtig durchgespült, tropfentrocken ausgewrungen und ich sehe aus wie neu, keine Sorge. Außerdem bin ich doch eh kurz vor der Rente.“

Franziska: „Ich weiß ja nicht. Glaubst du wirklich, dass du von hier aus irgendwann einfach so in eine Rente gehen kannst? Seitdem sie deinen Kollegen Zach in den großen blauen Putzeimer geworfen haben, vertraue ich den Menschen nicht mehr. Man ertränkt doch nicht aus Versehen jemanden, oder?“

Tim: „Fang doch nicht wieder von Zach an, der war einfach zur falschen Zeit im falschen Eimer. Wie war denn dein Tag?“

Franziska: „Nicht so stressig wie gestern. Stell dir vor, heute haben sie eher die kleinen Ecken mit ihren Zahnbürsten gereinigt und nicht den Boden. Ich frage mich wirklich, was das werden soll.“

Tim: „Was es wird, ist mir egal, Hauptsache, es wird und ist bald fertig.“

Franziska: „Genau. Dann haben wir endlich mal wieder Zeit für uns. Komm, häng‘ dich ins Bett, du musst Morgen früh raus.“

(Tim hängt sich auf eine Leine neben Franziska.)
Tim: „Gute Nacht.“
(Ein einzelner Tropfen löst sich langsam von einem der hinteren Lappen ab, fällt zu Boden und verkriecht sich lautlos in die Backbordecke der Putzbilge).

Menu