Datum: Montag, der 21.11.2016
Mittagsposition: 26° 24,8′ N; 031° 23,5′ W
Etmal: 113 sm
Wetter: Lufttemperatur: 24° C, Wassertemperatur: 23,5°C, Wind: ENE5
Autor: Josef
Durch den dicken Regenschleier wird mir fast die Sicht aus dem Kombüsen-Bulleye genommen, die durch den leichten Schlafmangel sowieso schon leicht getrübt ist. Trotzdem ist der Anblick wunderschön. Die vom Wind aufgewühlten Wellen des Atlantiks erstrecken sich wie eine graue Wüstenlandschaft um das Schiff. Schwere Regentropfen, die mich vorhin beim Gang über das Hauptdeck bereits nach zwei Minuten komplett durchnässt hatten, werden vom Wind gegen das Glas gepeitscht. Ich muss nochmal kurz raus, um den Bioabfall wegzubringen, und als ich wieder in die Kombüse trete, dröhnt mein Schädel noch immer so, wie er es bereits die gesamte Zeit seit dem Aufstehen tat. Doch bekanntlich löst Wasser alle Probleme, zumindest was Kopfschmerzen anbelangt, was mich dazu veranlasst, einen Liter Wasser in nur zehn Minuten in mich hineinzukippen. Ein Fehler, den ich kurz darauf bemerke. Zwar sind nun die Kopfschmerzen fast weg, doch an ihre Stelle hat sich eine ausbreitende Übelkeit eingeschlichen. Fünf Minuten später hänge ich über der Reling und verpasse dem Schanzkleid einen neuen Anstrich (die Fische freuen sich bestimmt über etwas Zuwendung, schließlich war auf der Thor schon länger niemandem schlecht geworden). Das klingt jetzt sicher etwas düster, doch ob ihr es glaubt oder nicht, danach geht es mir wieder ziemlich gut und der Tag kann nun richtig beginnen.
Die Backschaft verläuft ganz normal, alle haben sich inzwischen auf die Arbeitsabläufe eingestellt, bis plötzlich Signal K ertönt – all hands on deck. Es ist, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, das ganze Schiff wird nun von einer seltsamen Mischung aus Vorfreude und Besorgnis erfasst.
Sofort zieht sich die gesamte Besatzung das Ölzeug an und stürmt aufs Hauptdeck. Nun kann man die Früchte des eifrigen Trainings erkennen, denn statt in Panik zu verfallen, weil dieses Signal zum ersten Mal nicht angekündigt worden war, verfolgt jeder die ihm von seinem Wachführer zugewiesene Aufgabe mit einer hochkonzentrierten Aufmerksamkeit und Routine.
Dann stellt sich heraus, dass der befürchtete Böeneinfall weniger dramatischer ist als gedacht. Bereits nach einigen Minuten sind die Segel mittschiffs geholt und es geht für mich in der Kombüse weiter. Schließlich soll es ja pünktlich für alle Essen geben. Um 18 Uhr steht dann das Essen, eine Nudel-Gemüsepfanne, auf den Tischen.
Als wir spät abends fertig mit dem letzten Abspülen der Tassen und Gläser sind, habe ich das Gefühl, dass der Alltag und die Routine auf der Thor Heyerdahl, auch wenn kein Tag dem anderen gleicht, bereits langsam eingetreten ist.