von Lisa
Ein letztes Mal läuft noch ein Rumpeln durch die sechs Zylinder, die Maschine stampft auf, dann steht sie still. Wir sind auf den Bermudas angekommen und damit ist die Schiffsübergaben fast schon vorbei.
Aber zurück zum Anfang, 05:45 Uhr wurde ich heute geweckt, um den Generator und die Wasseraufbereitungsanlage zu starten. Danach habe ich beschlossen, mich nicht mehr wieder hinzulegen, was nach einer (fast) durchschlafenen Nacht auch im Bereich des Möglichen gewesen wäre. Da ich während dieser Schiffsübergabe die Maschinistin bin, habe ich bisher jeden Tag dem Generatorraum um diese Uhrzeit einen Besuch abgestattet.
Da es heute, am letzten Tag der Schiffsübergabe, nur noch wenig zu tun gab, folgte ein ausgedehntes „Seemannssonntagsfrühstück“ (Ja, Deutsch ist eine schöne Sprache). Im Gegensatz dazu hatte ich in den letzten Tagen mehr zu tun, als ich es mir hätte träumen können: Das Betriebssicherheitssystemhandbuch (liebevoll Bessy genannt) abarbeiten und dabei unterschiedliche Alarme und Geräte kontrollieren, den Maschinenraum sauber halten und pflegen, immer und immer wieder die Werte überprüfen, der Maschinenronde streng über die Schulter schauen, die Bunkerbestände aufnehmen, die Mannschaft ständig an ihren zu hohen Wasserverbrauch erinnern, Bilgen leerpumpen, die Maschine am Laufen halten und schließlich auch 24/7 Ansprechpartner für alle Problemchen zu sein, die Olga (so nennen wir unsere liebe Hauptmaschine) so hat. Gerade letzteres hat mir in so mancher Nacht den Schlaf geraubt, aber zurück zu heute.
Heute wurde ich nur einmal geweckt und das auch nicht für lange, also konnte ich mich ausgeruht an die letzten Vorbereitungen für das Einlaufen auf den Bermudas machen. Es war irgendwie bedrückend, die Aufgaben ein letztes Mal als Maschinistin zu erledigen, in dem Wissen, den Posten gegen Abend wieder abzugeben. Ich hatte mich in den letzten fünf Tagen in diesen Job verliebt und wollte ihn eigentlich behalten.
Ich mache die Maschine fertig für ihren Schlaf, während wir uns auf den Bermudas ausruhen, ruht sie sich auch aus. Dann steige ich langsam den Niedergang hinauf auf das nicht mehr schwankende Deck der im Hafen liegenden Thor.
Vor fünf Tagen in einer Nacht, in der der Wind gedreht hatte, habe ich Olga klargemacht und gestartet. Um 02:00 Uhr wurde ich geweckt, da wir mit den Segeln nicht mehr vorangekommen wären. Nach zwei Stunden Action, ging es dann wieder zurück ins Bett. Bis zum Generatorstart um 05:45 Uhr wurde ich auch nur noch drei weitere Male geweckt, weil irgendetwas nicht stimmte. Das war so etwas wie die inoffizielle Feuertaufe für mich, der Start in die Schiffsübergabe. Heute haben wir Olga wieder abgestellt und somit diese inoffiziell beendet. In Wahrheit gibt es erst noch Kaffee, dann werden die Segel gepackt und unterschiedliche Feedbackrunden abgehalten, nach dem Abendessen wird das Schiff wieder übergeben.
Ich bin zwar keine Maschinistin mehr, aber aus der Maschine kann man mich nicht mehr werfen. Ich habe meine Lieblingsaufgabe an Bord gefunden!