Wenn man nur vier Stunden Schlaf täglich bräuchte…

paulaDatum: Donnerstag, der 25.12.2014
Mittagsposition: 13°09,0′ N; 072°27,4′ W
Etmal: 161 sm
Wetter: Lufttemperatur: 29,5°C, Wassertemperatur: 27,5°C, Wind: E 5
Autorin: Paula

…dann wäre das Leben auf der Thor wesentlich einfacher. Das zeigte sich auch heute, am ersten Weihnachtsfeiertag.
Denn obwohl die meisten von uns gestern erst gegen 23:30 Uhr ins Bett gekommmen sind, weil die letzten Aufräumarbeiten und Feierlichkeiten so lange gingen, wird natürlich ganz normal Wache gegangen und der Unterricht findet auch wieder statt. Das ist hier auch ganz anders an Weihnachten als Zuhause. Während daheim noch letzte Geschenke ausgepackt werden und Familientreffen unterm Christbaum stattfinden, machen wir Reinschiff und schwitzen in der Deutschstunde. Am Heiligen Abend selbst war auch bei mir endlich ein bisschen Weihnachtsstimmung aufgekommen. In Deutschland hält dieses Es-ist-Weihnachten-Gefühl auch immer noch ein paar Tage an. Hier jedoch war es durch den ganz normalen Alltagsbetrieb so schnell wieder verflogen, wie es gekommen war. Aber der kleine Weihnachtsbaum auf dem Messeniedergang und die Lebkuchen zum Kaffee erinnern noch daran, was für ein Datum wir gerade haben. Was ich jetzt wirklich vermisse ist das tägliche Öffnen des liebevoll gebastelten Adventskalenders. Das habe ich auch manchmal schon nach der Wache morgens um 2:30 Uhr gemacht. Da wären wir auch schon wieder beim eigentlichen Thema: dem Schlafen auf der Thor.

Da ich leider mehr als vier Stunden Schlaf brauche, fängt der erste Weihnachtsfeiertag für mich gleich schlecht an: ich verschlafe trotz zweimaligen Weckens die Nachtwache und komme leider viel zu spät zur Wachübergabe.

Es gibt manche von uns, die schon seit Längerem nicht mehr in ihrer Koje waren. In unseren Kammern ist es nämlich seit Teneriffa ziemlich warm, die Decken haben wir schon lange weggepackt. Also bietet sich eine andere Alternative an: draußen schlafen. Auf See sind die Plätze hierfür aber sehr limitiert. Es stehen zwei Backskisten auf dem Hauptdeck für jeweils eine Person und die Backbordseite der Ladeluke zur Verfügung. Anders sieht es mit den Hängemattenbesitzern unter uns aus, die haben mehr Plätze zur Auswahl. Wenn man dann also einen Platz draußen ergattert hat, muss man sich noch ins Weckbuch eintragen, wo man den Schlafplatz vermerkt. Sonst müsste die Wache, von der man im Laufe der Nacht oder des Morgens geweckt wird, ja das ganze Schiff nach einem absuchen. Allerdings sollte man es sich gut überlegen, ob man wirklich draußen schlafen will. Denn es besteht immer die Gefahr, dass einem das Wasser ein unangenehmes Erwachen beschert – zum einen in Form von Regen und zum anderen und viel unangenehmer in Form von Wellen, die ab und an übers Schanzkleid schwappen. So gibt es zum Beispiel den berüchtigten Brecher auf die Ladeluke. Eines schönen Abends, bei eigentlich ganz ruhigen Bedingungen, fand nämlich eine leicht verirrte Welle ihren Weg über das Schanzkleid auf eben diese Ladeluke. Dort aber lagen mehrere unschuldige Schüler, die dann alle mehr oder weniger tropfnass waren, samt Schlafsäcken und Isomatten. Ich hatte zu der Zeit gerade Nachtwache und war leicht erstaunt, als plötzlich eine tropfende Leila ankam, um alle aus dem Weckbuch auszutragen, die nun nach innen umziehen wollten.

Wer sich also wegen den beschriebenen Gegebenheiten gegen draußen entscheidet, hat noch eine weitere Alternative. Seit einigen Tagen schlafen nämlich immer mehr Leute auf den Bänken und unter den Tischen in der Messe. Hier ist die Luft wesentlich besser als in den Kammern und die Temperaturen erträglicher. Allerdings hat auch diese Location ihre Nachteile. In der Messe befindet sich nämlich der Kühlschrank mit dem Essen für die Nachtwache. Dieser wird alle paar Stunden mit geräuschvollem Auf- und Zuknallen der Schubladen nach etwas Leckerem durchsucht. Und zum Wachwechsel trampeln immer fünf Leute den Niedergang mehr oder weniger laut hinunter und hinauf.

Also auch nicht ganz optimal. Ich gehe also jeden Abend am liebsten einfach in meine Koje. Da muss ich mir keine Sorgen um Brecher oder Regenwolken machen und meine Ruhe habe ich da auch. Allerdings wird der Schlaf dadurch leider auch nicht mehr. Je nachdem welche Wache man hat, empfiehlt es sich, schon um acht oder neun ins Bett zu gehen. Aber irgendwie gibt es immer so viele Sachen, für die man nur abends Zeit findet, unser Tag ist ja meistens ziemlich ausgefüllt. Zu diesen allabendlichen Aktivitäten gehören Tagebuch schreiben, Quatschen, Bordtagebuch Schreiben, Nähen oder auf dem Deckshaus Singen. So wird es dann doch immer später, obwohl man das Duschen schon auf morgen verschoben hat (so wichtig ist das ja nicht). Besonders in der Vorweihnachtszeit wurde abends immer fleißig an den Wichtelgeschenken gebastelt und gewerkelt.

So, jetzt ist es 20:00 Uhr, Zeit zum Zähneputzen (um 01:30 Uhr werde ich wieder geweckt). Aber ich will ja noch Tagebuchschreiben und mein Bett müsste ich, bevor ich darin schlafen kann, auch noch aufräumen. In der Messe wird gerade eine Geschichte vorgelesen, da könnte ich auch noch zuhören…

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