Datum: Donnerstag, der 16.04.2015
Mittagsposition: Falmouth
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur: 12,5° C, Wassertemperatur: 12°C, Wind: 0
Autorin: Luca
Die letzte halbe Stunde der Wache ist eigentlich immer die Beste, vor allem wenn es sich um eine dieser Nachtwachen handelt, die man gerne im Bett geblieben wäre, denn es ist kalt und nass. Je nachdem, welche Aufgabe man übernimmt, kann diese Zeit sehr schnell, aber auch sehr langsam vergehen, zum Beispiel am Ruder, denn auch wenn Wache gehen eine schöne Aufgabe ist, kann es bei schlechtem Wetter ein wenig unangenehm werden.
01.30 Uhr, der Mond scheint hell, die Sterne funkeln überall… oder auch nicht. Es ist stockdunkel, es regnet und ich stehe am Ruder, die Finger spüre ich schon seit der Maschinenronde vor einer Stunde nicht mehr, denn ich habe natürlich mal wieder keine Handschuhe an. Das Ölzeug ist nass und der Wind gelangt durch noch so kleine Ritzen trotzdem in das Ölzeug, da helfen auch drei Pullis und Skiunterwäsche nichts. Was für ein Tag, aber endlich naht die letzte halbe Stunde. Der Sicherheitsrondenmensch sprintet los, um die aufziehende Wache früh zu wecken, damit sie auch pünktlich oben stehen kann, um uns abzulösen, ein toller Moment.
Nach den ersten quälenden zehn Minuten, in denen man gefühlt alle 10 Sekunden auf die Uhr schaut, folgt die Zeit der Trance. Die Trance bedeutet nicht, dass man nicht konzentriert Ruder geht, sondern die Trance sind diese 10 Minuten, in denen man nicht genau überlegt, wie spät es ist und man auf den Kompass starrt, bis einem auffällt, dass man ja langsam mal wieder auf die Uhr schauen könnte und oh, es ist ja schon „zehn vor“. Die aufziehende Wache ist natürlich noch nicht da, außer dem Wachführer und einzelnen bettflüchtigen Wachmitgliedern, die anscheinend nicht schlafen können. Nach und nach in den nächsten unendlichen drei Minuten kommt dann der Rest, der nicht sonderlich fit und wach aussieht, aber was will man auch erwarten, es ist ja schließlich 01.55 Uhr. Mein Wachführer winkt zur Wachübergabe und die schlaftrunkenen Gesichter wanken zum Besanmast.
Die Zeit will einfach nicht vorbei gehen, was reden die denn alles? Es regnet, mir ist kalt und ich will einfach nur ins Bett! Mein Wachführer erläutert also nun wie jeden Abend die angefallenen Ereignisse in der Nachtwache und meldet die gesichteten Fahrzeuge. Langsam, aber sicher, fängt mein Gesicht an zu schmerzen, denn jetzt regnet es auch noch stärker. Nach dem Wachübergaberitual kommt ein höchst motivierter Wachgänger zu mir ans Ruder und schaut mir ins Gesicht. „Das ist ja mal wieder typisch, bei uns regnet es mal wieder! Was ist unser Kurs?“, fragt er mich und schaut verträumt auf den Kompass. Ich übergebe also das Ruder schweren Herzens an meinen Nachfolger und begebe mich zur kurzen Wachnachbesprechung auf der Steuerbordseite am Achterdeck. Wir werden erlöst mit den Worten: “Wer ist müde und will ins Bett?“ Alle melden sich, schnappen ihren Gurt und da ruft auch schon die Koje.
Da liege ich nun, draußen ist es kalt und nass, und ich muss sagen, ich freue mich schon auf die nächste Nachtwache, denn dabei sein, das ist alles!