Ich träume von einem Marmeladenglas

elenaDatum: Samstag, der 18.04.2015
Mittagsposition: W 50°33,4’N; 002°27,4’W
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur: 8,5° C, Wassertemperatur: 9°C, Wind: E 4
Autorin: Elli

Im Rahmen der dritten Schiffsübergabe gab es das Projekt „Ich habe einen Traum“ unter der Leitung von Kai. Viele Schüler halfen, es auf die Beine zu stellen, und die gesamte Besatzung nahm daran teil. „Ich habe einen Traum“ beinhaltet ein Schwarz-Weiß-Portrait von jeder Person hier an Bord – mit geschlossenen Augen und einem persönlichen Text über einen Traum. Die Idee ist angelehnt an die Interview-Reihe aus dem „Zeit Magazin“. So schrieb auch ich meinen Text und ich bin der Meinung, mein Traumgegenstand wäre besonders jetzt, in der letzten Woche der Reise, sehr hilfreich:

„Ich wünschte, ich würde ein Marmeladenglas besitzen. Keines, welches noch Marmelade enthält, nein, ein leeres. Ich würde es nach und nach füllen und es würde für einen Außenstehenden immer noch leer erscheinen. Es soll sich nichts Materielles darin befinden. Nur Luft, verbrauchte Luft.
Ich will in dem Marmeladenglas Momente festhalten, Momente, die nie enden sollten. Die Luft in diesem Moment würde ich einfangen, mit all den Gerüchen, Stimmen, Geräuschen, Gefühlen…
Wenn ich das Glas später öffnen würde, kann ich mich ganz genau in diese Situation zurückversetzen, jedoch könnte nur ich das. Kein anderer kann sich in diese Situation hinein versetzen, denn dann würde der Moment verfälscht werden und nicht mehr einzigartig sein. Es soll wie eine Ergänzung zu den Erinnerungen im Kopf sein. Ganz wichtig ist, dass die Luft nie verfliegt und auch nicht weniger wird – wie in einem Buch, man kann es tausend mal lesen und wenn man es sorgsam behandelt, fehlt ihm auch keine Seite.
Es können aber auch völlig unbedeutende Situationen sein, in denen mich eine andere Person beeindruckt hat oder so glücklich war, dass ich einfach eine Erinnerung an den Menschen festhalten müsste.
Ich habe mehrere Träume und Wünsche (wenn das nicht sowieso in einer gewissen Art und Weise das gleiche ist), doch gerade auf dieser Reise, wäre ein solches Glas perfekt. Ich könnte die Reise noch einmal Revue passieren lassen, all die schönen Momente noch einmal erleben, mich immer an diese unbeschreibliche Zeit zurück erinnern. Gäbe es ein solches Glas, würde ich es immer bei mir tragen. Denn oft sind es doch die klitzekleinen Momente, die einem so viel bedeuten. Klar, große Highlights gab es auch zu genüge, aber die hat man oft in gewisser Weise vorausahnen können. Ich wollte hier ein paar aufzählen, doch die Auswahl war zu groß und ich wäre der Wichtigkeit aller nicht gerecht geworden. Ich denke aber, dass jeder, der dieses gerade liest, an irgendeinen solchen Moment denkt…“

Denn gerade jetzt hat sich so langsam aber sicher das „Das-ist-das-letzte-Mal-…“-Denken eingeschlichen. Nicht selten wird auch unter großem Protest der anderen erwähnt, wie viele Tage es jetzt doch noch sind, bis die Reise zu Ende ist. Ein paar wenige zählen sogar schon die Stunden. Eins ist klar, die letzte Zeit gemeinsam wollen wir alle so intensiv und schön genießen, und deshalb wäre ein solches Marmeladenglas oft im Einsatz.
Ich bin aber auch der Meinung, dass das Glas beim Einlaufen und Wiedersehen der Familien viel gebraucht werden würde. Schade, das dies ein utopischer Traum ist, denn jetzt hilft nur eins: Jeden Moment genießen und in seinem Herzen festhalten…

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