Aus dem Tagebuch vom Mann im Mast, Martin

schueler.mironEs gibt jemanden, der ganz oben auf dem Großmast der Thor Heyerdahl lebt. Sein Name ist Martin, der Mann im Mast. Er verbringt dort den ganzen Tag und beobachtet, was auf dem Schiff so passiert, außerdem hat er einen sehr ausgeprägten Geruchs- und Gehörsinn, die ihm dabei helfen, festzustellen, was gerade vor sich geht.

Donnerstag der 29.10.2015

Mittlerweile weiß ich überhaupt nicht mehr, wann der Tag beginnt oder wann er aufhört.Die Sonne geht zwar noch auf und unter, aber die KUSis scheinen sich daran längst nicht mehr zu orientieren. Jeder hat seinen eigenen Tageszeitplan. So, wie ich das beobachte, verbringt jeder nur noch Zeit in seiner Wache. Es scheint auch nur drei Beschäftigungsvarianten zu geben:
1. Man hat Fahrwache:
Jede Wache hat zweimal am Tag drei Stunden Wache. Während dieser Zeit ist die Wache für das Schiff verantwortlich. Sind wir unterwegs, bedeutet dies, das Schiff zu führen, also ‚Fahrwache‘, währenddessen muss ein Mitglied der Wache immer zur vollen Stunde die momentane Position in die Seekarte eintragen und das Wetter im Wetterbuch notieren. Immer zur halben Stunde muss eine Maschinenronde und eine Sicherheitsronde gemacht werden. Bei dieser Maschinenronde muss die laufende Maschine überprüft und neu geschmiert werden. Bei der Sicherheitsronde wird das ganze Schiff nach Gefahren, hauptsächlich danach, ob es brennt oder irgendwo Wasser einläuft, überprüft. Außerdem gibt es immer noch zwei Personen im Ausguck, einen an Steuerbord und einen an Backbord sowie eine Person, die am Ruder steht. Der Rest ist auf ‚Standby‘ und wartet darauf, dass noch irgendetwas anderes anfällt.
2. Reinschiff:
Jede Wache hat eine Station an Bord, die täglich gereinigt werden muss. Ob Deck, sanitäre Anlagen, Messe und Niedergänge oder Last, es gibt überall viel zu wischen, zu kehren oder zu schrubben und nach einer Stunde ist nur selten die ganze Arbeit getan.
3. Freiarbeit:
Zurzeit befasst sich die Freiarbeit mit der nautischen Ausbildung. Die KUSis lernen also, Seekarten zu lesen und zu verstehen, welche Tonnen es im Meer als Hinweis auf Gefahrenstellen, Fahrwasser oder Ähnliches gibt oder man widmet sich der Knotenkunde.
Hinzu kommt, dass mehr und mehr Schüler an Bord seekrank werden und sich immer häufiger kleine Grüppchen an Deck bilden, die mit missmutigen Gesichtern auf den Horizont starren. Hin und wieder hastet einer dieser KUSis hektisch an die Reling und sorgt dafür, dass die Fische ums Schiff herum gefüttert werden.
Wenn die KUSis nicht gerade mit Fahrwache, Reinschiff, Freiarbeit oder tiefster Übelkeit beschäftigt sind, gibt es eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder, sie sitzen beim Essen oder sie schlafen. Diese zwei Energiequellen sind für jeden an Bord ein Lichtblick, leider hat die KUS-Besatzung, zumindest was Letzteres angeht, nur begrenzt Zeit dafür. Daher kommen die müden Gesichter, in die sich teilweise auch noch Übelkeit mischt. Allerdings ist in den Gesichtern, die ich beobachten kann, auch deutlich die Aufregung, Freude und Vorfreude über und auf die großartige Reise, die die Abenteurer erleben dürfen, zu erkennen.
Ich jedenfalls sitze hier oben auf dem Mast und genieße den schönen Sonnenuntergang. Es ist immer noch ziemlich kalt, ich freue mich schon auf das warme Wetter, das die KUSis und ich in ein bis zwei Wochen hoffentlich haben werden.“

Liebe Sophia alles, alles Liebe zu deinem 17.Geburtstag, bleib wie du bist, dein Miron.

Datum: Donnerstag, der 29.10.2015
Mittagsposition: 51° 59,7′ N; 002° 42, 6′ E
Etmal:142 sm
Wetter: Lufttemperatur: 12°C,Wassertemperatur: 14°C, Wind: S 5-6
Autor: Miron

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