Ein Samstag der kein Samstag war

schueler.lukasDatum: Samstag, 07.11.2015
Mittagsposition: 44° 19,7′ N; 008° 32,5′ W
Etmal: 24 sm
Wetter: Lufttemperatur: 17°C ,Wassertemperatur: 16 °C, Wind: SSW 3-4
Autor: Lukas

Samstag. Schon seit einer Woche freuen sich alle auf diesen Tag. Vormittags steht noch Großreinschiff auf dem Programm, jede Ecke muss geputzt werden, kein bisschen Staub darf noch herumliegen. Die Betten müssen faltenfrei gemacht sein und die Fächer perfekt aufgeräumt. Die Niedergänge geschrubbt und das Messing poliert. Das führt manchmal sogar dazu, dass die Wache, die den Sanitärbereich putzt, allen anderen den Klogang verbietet, um ja durch die Kontrolle durch den Schiffsrat zu kommen. Aber wenn diese Prozedur überstanden ist, kommt der schöne Teil des Samstags, auf den jeder schon seit einer Woche wartet. ‚Besanschot-an‘, Schülerversammlung, Filmabend.
Eigentlich. Denn heute ist der Samstag ausgefallen. Nach sechs Tagen in der stürmischen Biskaya ohne Land in Sicht brauchen wir alle nur eins, nämlich Schlaf. Bei den Essen ist die Messe nur noch halb voll, die Seekrankheit hat eine Lücke einmal quer durch alle Reihen geschlagen. Die übrig gebliebenen akzeptieren diese Entscheidung widerspruchslos.
Geduld ist die wichtigste Eigenschaft eines Seefahrers, das hat Detlef uns immer wieder gesagt. Bis Kap Finisterre, bis zum Ende der Biskaya müssten wir kommen, dann würde das Wetter besser. So war der Plan. Dann aber wurden nach dem Mittagessen von Lena und Jonas die aktuelle Lage und die Wetterprognose für die kommenden Tage vorgestellt, was die Stimmung immer noch nicht heben konnte. Zwar würden wir „Kap Finsternis“, wie es unter Seeleuten bekannt ist, morgen erreichen, aber die Segel, die gepackt an die Masten geschnürt sind, helfen uns auch weiter nicht, Teneriffa so bald wie möglich zu erreichen. Der Wind würde abflauen, doch aus der falschen Richtung käme er dann trotzdem noch. Die aktuelle Geschwindigkeit von etwa fünf Knoten würden wir aufgrund der begrenzten Dieselmenge in den Tanks auch nicht ewig halten können, wie uns der Kapitän erklärte…
Nach einigen Tagen auf See seit Falmouth gibt es schon wieder einen Alltag an Bord. Die Wachzeiten mitten in der Nacht beginnen mit einem (mehr oder weniger) freundlichen Wecken durch die vorherige Wache, gefolgt von mehrfachen Ermahnungen, ja nicht wieder einzuschlafen. Wenn zum Wachwechsel um fünf vor nicht beide, die auf- und die abziehende Wache, vollständig auf dem Achterdeck angetreten sind, müssen alle warten. Bei der Müdigkeit aller Beteiligten ist es verständlich, dass die Langschläfer dann auch mal zur Zahlung von Schokolade oder zum Gedichteschreiben verdonnert werden. Wir sind mit den Aufgaben während der Fahrwache mittlerweile schon so vertraut, dass für jede Wache eine Wachprinzessin beziehungsweise ein Wachprinz ernannt wird. Er oder sie teilt die Aufgaben ein und muss auch den Überblick behalten, um keinem (vor allem die weniger beliebten) Jobs doppelt zuzuteilen. Denn auch die gibt es. Vor allem bei stärkerem Seegang ist die Aufgabe des Rudergängers weniger beliebt, unter den strengen Augen von Detlef und mit dem Befehl, doch endlich einmal geradeaus zu fahren in den Ohren, kann es schon mal stressig werden. Bei der Frage: „Wer will in den Ausguck?“ gehen hingegen alle Hände hoch. Tagsüber hält man Ausschau nach den nächsten Delfinen und nachts beobachtet man die Lichter der wenigen Schiffe und hängt seinen Gedanken nach oder singt vor sich hin.
Gegen Abend kam zur Abwechslung und zur Freude aller die spanische Küste in Sicht, ein weiteres Hindernis auf der Etappe Kiel – Teneriffa ist überwunden. So vergehen die Tage und ab Mittwoch oder Donnerstag soll dann auch der Wind endlich drehen, dann „bekommen wir den Kahn unter Segel“, wie Detlef sagte.

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