Das kleine und etwas andere Wellenlexikon

Schueler.piaDatum: Mittwoch, der 27.01.2016
Mittagsposition: 16° 01,9′ N; 080° 42,6′ W
Etmal: 175 sm
Wetter: Lufttemperatur: 29° C, Wassertemperatur: 27°C, Wind: E5
Autorin: Pia

Tagelang habe ich überlegt, was ich in meinem Tagebuch wohl schreiben könnte. Und dann, wie bei vielen kreative Ideen, überkam es mich im Ausguck. Ja, wieso schreibe ich kein Lexikon über die Wellen, schließlich ist Welle ja nicht gleich Welle. Und nach längerem Beobachten entstanden immer mehr Wellenarten. Ich präsentiere:

„Der Gischtmacher“
Der Gischtmacher ist eine Wellenart der Häufigkeit 4.
Der Gischtmacher bricht auf dem offenen Meer. Die Wellen schlagen gegen andere Wellen und so entsteht Gischt, die sich in einem Umkreis von mindestens einem Meter verstreut. Wenn der Gischtenmacher gegen den Rumpf der Thor bricht ist die Gischt oft so ausgeprägt, dass sie dem Ausguck auf dem Achterdeck ins Gesicht weht.

„Der Klüverspringer“
Der Klüverspringer ist eine Wellenart der Häufigkeit 3.
Wie der Name schon sagt, „springt“ diese Art von Welle am Klüverbaum hoch und durch das Klüvernetz. Die Wellen sind meist so hoch, dass sie über das gesamte Vorschiff fließen.

„Der Deckschrubber“
Der Deckschrubber ist eine Wellenart der Häufigkeit 5.
Diese Wellen erleichtern der Reinschiffstation Deck die Arbeit, da sämtlicher Dreck sofort weggespült wird. Allerdings bleibt immer etwas Wasser auf dem Deck, sodass jeder, der übers Deck geht, nasse Füße und Schuhe bekommt, die nur langsam wieder trocknen.

„Der Deckshausfeger“
Der Deckshausfeger ist eine Wellenart der Häufigkeit 1, also eher selten.
Diese erstaunliche Welle ist so hoch, dass sie sogar bis auf das Deckshaus reicht. Nachdem diese Welle über das Schiff gerollt ist, steht alles auf dem Hauptdeck unter Wasser. Wenn die Bulleyes der Kombüse offen sind, strömt auch dort massig Wasser ein. Häufig sind dabei vereinzelt entsetzte Schreie zu hören.

„Der Schanzkleidglitscher“
Der Schanzkleidglitscher ist eine Wellenart der Häufigkeit 2.
Auch hier beschreibt der Name das Auftreten der Welle sehr gut. Die Schanzkleidglitscher sind aus dem Ausguck sehr gut zu beobachten. Wenn das Schiff krängt und vom Ausguck aus zu sehen ist, wie das Wasser über das Schanzkleid läuft, sieht es so aus, als läuft ein randvolles Waschbecken über.

„Die Weißköpfigen“
Die Weißköpfigen sind eine Wellenart der Häufigkeit von 1 bis 5, da ihr Auftreten unmittelbar durch die Windstärke bedingt ist.
Je stärker der Wind, desto mehr weißköpfige Wellen sind vorhanden. Sie sind überall auf dem Meer zu finden. Diese Wellen entstehen, wenn eine Welle auf einer anderen ausläuft und weiße Schaumkronen entstehen.

„Der Ausguckschlucker“
Der Ausguckschlucker ist eine Wellenart der Häufigkeit 1.
Der Ausguckschlucker kommt sehr selten vor, ist aber umso unangenehmer. Der Ausguck, der von dieser Welle getroffen wird, ist danach pitschnass. Wenn das Schiff sich zum Beispiel nach Backbord krängt und gerade in diesem Moment eine Welle von backbord querab kommt, wird der Ausguck gänzlich von dieser Welle überspült und für eine kurze Zeit verschluckt.

„Die Glitzerwelle“
Die Glitzerwelle ist eine Wellenart der Häufigkeit 3, sie tritt nur nachts auf.
Diese Art von Welle ist eine sehr hübsche Welle. Durch die Wellen entstehen Druckunterschiede im Wasser, die wiederum kleine Bioflaggelaten, Wasserorganismen, dazu bringen, kurzzeitig aufzuleuchten. So fangen die vorbeirauschenden Wellen an, zu glitzern oder zu leuchten.

„Der achterliche Brecher“
Der achterliche Brecher ist eine Wellenart der Häufigkeit 2.
Diese unglaublich hohe Welle schafft es bis auf das Achterdeck und durchnässt dort die meist überraschten Wachhabenden. Oft ist diese Welle so stark, dass sie nicht nur die Füße überspült.

„Die Berg- und Talwelle“
Die Berg- und Talwelle ist eine Wellenart der Häufigkeit 3.
Auch als extreme Dünung bekannt, bringt diese Welle das Schiff dazu, fast wie eine Achterbahn durch das Wasser zu gleiten. Es ist deutlich spürbar, wie sich der Bug erst stark hebt und dann das gesamte Schiff ins Wellental saust.

„Der PK-Schocker“
Der PK-Schocker ist eine Wellenart der Häufigkeit 2.
Der Schocker ist mit der Berg- und Talwelle verwandt. Allerdings ist er eine noch stärkere Version, bei der sogar das Ruderblatt mit der Schiffsschraube, auf dem Weg über den Wellenkamm, aus dem Wasser ragt. Die Bergab-Bewegung lässt meistens den Klüvermast ganz ins Wasser eintauchen.

„Die Hallo-Wach-Welle“
Die Hallo-Wach-Welle ist eine Wellenart der Häufigkeit 1.
Vor allem diejenigen, die morgens aus dem PK in Richtung Hauptdeck laufen müssen, sind von dieser Welle betroffen. Denn morgens, wenn man sich an Backbord oder Steuerbord am Deckshaus vorbeischlängelt, schlägt die Hallo-Wach-Welle gerne zu. Auch hier wird jeder ziemlich nass. Und jeder ist wach nach dieser Welle.

„Das Monster“
Das Monster ist eine Wellenart der Häufigkeit 1.
Zum Glück ist der Thor Heyerdahl diese Welle noch nicht begegnet. Sie verschlingt das Schiff und mit sehr viel Pech geht es sogar unter. Hoffen wir alle, dass uns diese Welle niemals besuchen wird.

Nun, da ihr bestens über die Wellen informiert seid, die uns an Bord durchschütteln, könnt ihr euch vielleicht das Leben an Bord der Thor Heyerdahl besser vorstellen.

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