Doppelt geduscht

schueler-hannahDatum: Samstag, der 22.10.2016
Mittagsposition: Falmouth
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur: 12° C, Wassertemperatur: 14°C, Wind: E3
AutorIn: Hannah

Mein Tag begann mit einem herzlichen „Guten Morgen, Hannah, es ist 6:30 Uhr und in einer halben Stunde ist Run and Dip“. Seit einer Woche ist das der erste Morgen, an dem ich ausgeschlafen bin. Ausgeschlafen um 6:30 Uhr? – Das wäre für mich vor zwei Wochen noch unvorstellbar gewesen. Aber auf der Thor ist alles möglich. Normalerweise habe ich Nachtwache von 2:00-5:00 Uhr morgens. Da wir aber vor Falmouth in einem Naturhafen liegen, gibt es „nur“ Hafenwache an der Mooringtonne. Das heißt, dass zwei Personen für 1,5 Stunden darauf achten, dass alles in Ordnung ist.
Was aber bedeutete nun dieser Aufruf zum „Run and Dip“? Am Vorabend hatte ich erfahren, dass jeder, der will, vor Ort eine halbe Stunde mit der Gruppe am Strand joggen oder laufen gehen kann. Für die „Harten“ gibt es dann noch anschließend eine Erfrischung im Meer. Da wir uns aktuell in Südengland befinden, es Oktober ist, das Wasser ca. 13°C hat und ich zusätzlich noch erkältet bin, hatte sich das „Dippen“ für mich erübrigt.
Frühstück gab es danach sowohl für die „Faulenzer“ als auch für die „Läufer“ gemeinsam. Es war inzwischen 8:30 Uhr Ortszeit. Nachdem sich alle gestärkt hatten, gab es ein – wie immer – gründliches „Reinschiff“. Also das Reinigen des kompletten Schiffs. Jede Wache hat einen zugewiesenen Bereich an Bord, welcher „blitze-blank“ sein muss. Meine Wache 2 ist die ganze Woche für die „Sanitäranlagen“ zuständig. Heute hatte ich das (Un)Glück, die Glocken (die Abflüsse in Dusche, Toilette, etc.) putzen zu müssen. Gut, dass wir uns mit allen Teilaufgaben abwechseln.
Auf dem Hauptdeck erhielten dann alle Schüler zusammen die allgemeine und theoretische Dingi-Ausbildung. Ein Dingi ist eine Art schwarzes Schlauchboot mit 15 PS-Motor. Detlef hat uns erklärt, was wir alles zu beachten haben, wenn wir einen Thor Heyerdahl-Dingi-Führerschein machen wollen. Vom Starten übers Lenken bis hin zu den Vorfahrtsregeln, alles wurde genau durchgesprochen. Mit diesem Führerschein können wir dann später selbstständig, ohne den Stamm damit zu beanspruchen, an Land fahren und somit andere Kusis oder Gegenstände an Land transportieren. Noch aber übernahm unsere Stammcrew um Bootsmann Elias die ersten Transferfahrten in den Hafen von Falmouth.
Bei dem lang ersehnten Landgang konnten wir dann im Jachthafen (fast) so lange duschen wie wir wollten. An Land muss man dem Wasserstrahl nicht hinterherlaufen, außerdem hatten die Duschen ein Amaturenbrett zum Verstellen der Temperatur. Auf den letzten Drücker, weil wir zum Mittagessen wieder an Bord sein mussten, spurteten wir noch in den Supermarkt, um unsere Süßigkeiten-Vorräte aufzustocken. Auf dem Rückweg zur Thor mittels Dingi bekamen wir dann aber noch gratis eine zweite, etwas unfreiwilligere Dusche ab: Eine Salzwasserdusche mit Klamottenwäsche inclusive…
Nach dem Essen durften die beiden anderen Wachen dann endlich auch an Land gehen und ich konnte mit meiner Wache am praktischen Teil der Dingi Ausbildung teilnehmen. Das war für die Beteiligten äußerst witzig, wobei alle wirklich erleichtert waren, dass nichts kaputt gegangen ist, außer vielleicht das ein oder andere Selbstwertgefühl. Abschließend dazu ist zu sagen, dass bei dieser Aktion viel gelacht wurde und das Steuern des Bootes einmal um die Thor nicht immer ganz leicht war. Ich habe den Dingi-Führerschein nach der ersten Prüfungsfahrt leider noch nicht bekommen. Aber das kann sich ja noch ändern…
Abends gabs nach einem langen Tag nochmal Landgang für alle. Für die meisten hieß das, zum ersten Mal „Fish & Chips“ zu essen. Die Meinungen über diese typisch englische Mahlzeit waren sehr geteilt: Die einen wären noch für eine zweite Portion bereit gewesen, den anderen hat es nach der Hälfte der ersten gereicht. Heiße Schokolade, Brownies oder auch Eis zum Nachtisch mochte aber jeder.
Am Hafen gab es nach einigen Startschwierigkeiten dann auch freies Internet, was von den meisten mit Begeisterung angenommen wurde. Mit Startschwierigkeiten meine ich, dass anfangs noch einige Ausrufe wie „Kannst du mich verstehen?“ und „Hallo, bist du noch da?“, oder auch gewisse Flüche zu hören waren. Schließlich folgten aber rege Gespräche über das „werte Befinden“ und hier und da floss auch die ein oder andere Freudenträne.
Zurück auf der Thor hieß es dann aber „schnell ins Bett“, denn morgen um 03:30 Uhr stand für mich schon wieder eine Hafenwache an…

So, und was ist jetzt die Moral von der Geschichte? Doppelt gemoppelt hält besser, wenn schon duschen, dann richtig!

PS: Lieber Lennard,
Ich wünsche dir alles Gute zum Geburtstag, mein Kleiner! Pass gut auf dich auf und halt die
Stellung.
Deine große Schwester Hannah

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