Der Bootsmann – ein faszinierender Beruf

Christoph

Datum: Dienstag, der 31.10.2017
Mittagsposition: 46°01‘30“ N; 008°59‘12“W
Etmal: 162 sm
Wetter: Lufttemperatur: 16°C; Wassertemperatur: 16°C; Wind: ESE 6
Autor: Christoph

Den heutigen Blogeintrag möchte ich dafür nutzen, den Job des Bootsmanns näher zu bringen. Unser Bootsmann ist Nick und als sein Assistent durfte ich einen Einblick in die Aufgaben des Bootsmanns gewinnen. Das Spektrum der zu erledigenden Aufgaben ist sehr weitläufig, vom Nähen einiger Taklinge (=Markierung am Tauwerk) über das Anfertigen und Reparieren von Möbeln bis zu diversen handwerklichen Aufgaben überall auf Schiff. Auch in den schwindelerregenden Höhen des Riggs (= Seilvorrichtungen an den Masten) fallen immer wieder Aufgaben an. Um einen Überblick über all diese Aufgaben zu bewahren, gibt es ein Buch, in dem jedes Besatzungsmitglied zu erledigende Arbeiten notieren kann. Diese Aufgaben werden dann vom Bootsmann und seinen Assistenten erledigt. Der Alltag des Bootsmanns ist dadurch gefüllt mit abwechslungsreichen und spannenden Herausforderungen. Der Bootsmann besitzt auch eine große Sammlung an Arbeitsmaschinen, wie zum Beispiel eine Kreissäge oder eine Schleifmaschine, die bei nicht zu starkem Seegang zum Einsatz kommen können.

Nun möchte ich über ein paar persönliche Erlebnisse als Bootsmannsassistent berichten.
Beim Ablegen der Thor Heyerdahl vom HDW-Gelände in der Werftzeit saß ich zusammen mit dem Bootsmann Nick im Rescueboat. Dann halfen wir der Thor durch seitlichen Schub am Bug durch das Hafengelände zu manövrieren. Nachher haben wir noch Fender (=Polsterungen, damit das Schiff beim Anlegen nicht beschädigt wird) aufgesammelt und sind mit einem Affenzahn der Thor Heyerdahl nachgerast. Der Ausflug hat echt Spaß gemacht.

Einige Tage später bastelten wir gemeinsam eine Ablagevorrichtung, um etwas zuvor ungenutzten Stauraum effizient nutzen zu können. Also verbrachte ich den Nachmittag damit, ein Holzbrett mit einer Stichsäge zurecht zu schneiden und passende Löcher zu bohren. Danach wurde die Ablagevorrichtung installiert und mit Seilen befestigt, anschließend der nun nutzbare Stauraum mit Apfelkisten befüllt. Ich fand die handwerklichen Tätigkeiten für dieses Projekt lehrreich.

Eine weitere spannende Aufgabe war die Anfertigung einer Webeleine (= waagerechtes kurzes Seil, das als Leitersprosse dient) im Rigg. Zuerst zog ich mir meinen Klettergurt an und kletterte hinauf. Oben angekommen hängte ich mich mit meinem Arbeitskarabiner ein und hatte somit beide Arme frei zum Arbeiten. Dann zeigte Nick mir, wie ich durch geschickte Seilführung die Webeleine extrem fest an den Wanten (= senkrechte Stahlseile, die den Mast befestigen) anbringen kann. Dabei ist eine sehr gewissenhafte Arbeitshaltung notwendig, da Menschen der Arbeit des Bootsmanns ihr Leben anvertrauen. Dieser Auftrag ist mir besonders in Erinnerung geblieben, da ich es genial fand, durch die richtige Seilführung mit nur wenig Kraft die Webeleine so stark zu befestigen, so dass aus dem Seil schon Teer austrat („Das Seil blutet“).

Gestern kümmerten wir uns um die Abdichtung der Ankerkettenlöcher. Die Problematik besteht nämlich darin, dass aus den röhrenähnlichen Löchern, durch die die Ankerketten vom Ankermotor ins Meer geführt werden, bei hohem Wellengang Seewasser mit einem Druck von bis zu 10 bar herausschießt und für Personen an Deck gefährlich werden könnte. Deswegen müssen diese Löcher wasserdicht gestopft werden. Dafür benutzten wir Bauschaum und dichteten mit einer Brätervorrichtung die Löcher nochmal extra ab. Allerdings muss diese Abdichtung vor jedem Benutzen der Ankerkette entfernt und nachher wieder angebracht werden. Das war mein erstes Mal, dass ich mit Bauschaum gearbeitet habe und ich bin von seinen Eigenschaften fasziniert.

Die genannten Erlebnisse haben hoffentlich verdeutlicht, warum mich meine Arbeit als Bootsmannsassistent so begeistert. Man wird jeden Tag aufs Neue mit packenden, handwerklichen Herausforderungen konfrontiert und lernt beim Meister sehr viel Nützliches. Dazu gehören spezielle Seemannsknoten, der richtige Umgang mit Maschinen und vor allem viele handwerkliche Tricks. Ich hoffe, ich konnte euch in diesem Blogeintrag die Faszination des Berufs des Bootsmanns näher bringen.

Abschließend möchte ich Michi dafür danken, dass er den von mir wörtlich verfassten Blogeintrag eintippte, da ich aufgrund meiner Seekrankheit kaum aus meiner Koje rauskomme.

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