Der Bordmathematiker

Christoph

Als es auf Bermuda zuging, rückte die Schiffsübergabe näher. Bei der ersten Schiffsübergabe hatte ich mich als Bootsmann beworben, leider wurde ich abgelehnt. Diesmal wollte ich unbedingt einen Job bekommen. Nochmal Bootsmann? Erst hielt ich es für eine gute Idee, da ich mich seit dem Feedback nach der erfolglosen Bewerbung in vielen der Punkte gebessert hatte. Aber das Risiko war zu groß, wieder nicht angenommen zu werden.

Also Steuermann? In astronomischer Navigation war ich gar nicht so schlecht, wenn ich also nochmal alles wiederholte und mir Routenplanung anlese, könnte es doch funktionieren.

Aber schnell merkte ich, dass sich einige Schüler wie Carl, Leon und Benno sehr intensiv auf die Rollen des Kapitäns und der Steuermänner vorbereiteten. Das war also ziemlich harte Konkurrenz, ich war also unentschlossen. Eines Tages kam dann unser Mathelehrer Ferdi auf mich zu und fragte mich, ob ich mal eine Unterrichtsstunde über die Exponentialfunktion halten wolle. Er schlug auch vor, dass ich mich bei der Übergabe einfach als Mathe- und Physiklehrer bewerben könnte. Die Idee war nicht schlecht, aber ganz zufrieden war ich damit noch nicht. Also erweiterte ich den Aufgabenbereich noch etwas weiter und nannte meinen Posten „Bordmathematiker“.

Ich war für diese Idee ganz Feuer und Flamme, die Bewerbung war dann auch in Windeseile geschrieben und las sich super. Doch die Entscheidung nahte und damit stieg auch die Spannung. Doch genau an diesem Tag wurde ich in meiner Nachtwache krank. Ich lag den ganzen Tag nur im Bett und bekam von unserer Krankenschwester Maria Tabletten. Schließlich wurde ich durch die Schiffsglocke geweckt. Schnell zog ich mich an und rannte zur Schiffsversammlung auf dem Hauptdeck. Es war schon die zweite Schiffsversammlung, bei der das Schiff übergeben werden sollte. Die erste Schiffsversammlung, bei der die erfolgreichen Bewerber verlesen worden waren, hatte ich komplett verschlafen. Von Maura bekam ich dann die frohe Nachricht, meine Bewerbung war erfolgreich gewesen! Endlich hatte ich es geschafft, einen Posten bei der Schiffsübergabe zu bekommen. Und da ich den Job selber erfunden hatte, passte er perfekt zu mir.

Am nächsten Tag ging es dann los. Um die Doppelstunde Mathematik vorzubereiten, musste ich erst ein Konzept entwickeln. Als ich das hatte, fing ich an, ein Arbeitsblatt zu erstellen. Da ich tagsüber wachbefreit war, hatte ich viel Zeit. In den nächsten Tagen bereitete ich also den Unterricht vor. Außerdem entwickelte ich für unseren Kapitän Carl eine Formel zur Reiseplanung. Die ganze Arbeit machte super viel Spaß und abends ging ich immer noch eine entspannte Wache. Man hatte seinen eigenen Arbeitsalltag und konnte sich alles selbst einteilen. Zum Arbeiten saß ich immer am Steuerbord-Tisch achtern in der Messe. Bei mir saß eigentlich immer die Projektleitung, die aus Lenya und Michi bestand. Am Donnerstag wurde es dann ernst: zwei Doppelstunden Mathematik über die Exponentialfunktion und den Logarithmus. Da ja immer jemand das Schiff steuern musste, konnten natürlich nicht alle auf einmal im Unterricht erscheinen. Unser Kapitän Carl und sein Steuermann Malte waren außerdem so im Arbeitsstress, dass ich ihnen anbot, den Inhalt der Stunde mit ihnen auf Bermuda nachzuholen. Dieses Angebot nahmen sie dankend an.

Der Unterricht lief gut und machte Spaß. Es war sehr interessant, den Unterricht mal aus einer anderen Perspektive kennenzulernen. Und auch nach der Schiffsübergabe arbeitete ich weiter als Bordmathematiker. Zum Beispiel überprüfte ich sämtliche Abrechnungen unserer Kleingruppenexkursionen in Kuba. Die Zeit der Schiffsübergabe machte sehr viel Spaß. Ich habe meinen eigenen perfekt auf mich passenden Arbeitsbereich auf diesem Schiff gefunden und ihn ausprobiert. Das Feedback war sowohl von Seiten des Stamms als auch von Seiten der Schüler/innen super. Und auch nach der Schiffsübergabe gibt es noch genug Aufgaben für einen Bordmathematiker. Für mich war es eine super Erfahrung, meine Begeisterung für Mathematik auf diese Weise an Andere weitergeben zu können.

Zum Abschluss möchte ich meinem Vater, Mathe- und Physiklehrer, noch herzlich zum Geburtstag gratulieren. Es war echt cool, mal deinen Job ausprobieren zu können.

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