Das Schiffsleben der anderen

Ben Ra.

Datum: 28.02.2018
Ort: St. Georges, Bermuda
Wetter: Lufttemperatur: 20 °C, Wassertemperatur: 18 °C, Wind: WSW3
Autor: Bene

Seit einigen Tagen liegen wir in St. Georges, Bermuda im Hafen. In dieser Zeit machten wir Bekanntschaften mit einigen verschiedenen Schiffen, welche mit uns an der Pier lagen. Jedes Mal war es sehr eindrücklich, auf den uns unbekannten Schiffen eine Besichtigungstour zu bekommen.

Zwei Schiffe haben wir näher kennengelernt. Zum Einen war dies die „Spirit of Bermuda“, ein circa fünfunddreißig Meter langes Segelschiff, das die meiste Zeit mit Schulklassen und Jugendgruppen für ein paar Tage um Bermuda fährt und auch Kindern aus ärmeren Verhältnissen Einblicke in die Welt des Segelns gewährt, die sich ein solches Erlebnis normalerweise (zumindest auf Bermuda) nicht leisten könnten. Das zweite Schiff, das uns sehr beeindruckt hat, ist die „R/V Endeavor“, ein Forschungsschiff der „University of Rhode Island“. Im Folgenden werde ich die beiden Schiffe und die Lebensweise auf ihnen mit der Thor vergleichen.

Wichtige Daten
Weil lange Listen von technischen Daten sehr ermüdend sein können und jeder die fehlenden Informationen über Google mit zwei Klicks findet, im Folgenden nur die Daten, die von Relevanz sind:

Spirit of Bermuda
Endeavor
Thor Heyerdahl
Länge
~35m
~60m
~50m
Antrieb
Segel (+Maschine)
Maschine
Segel (+Maschine)
Betten
26
30
50

Schlafsituation
Jetzt geht es um die wirklich wichtigen Dinge. Auf der Thor haben wir bekanntlich Kammern, in denen vier bis sechs Menschen schlafen; die Lehrer, die Schiffsleitung, Maschinist und Bordarzt und zwei Schüler pro Etappe haben das Glück, in Zweierkammern schlafen zu dürfen. Das bietet zwar nicht sehr viel Privatsphäre, aber genug Komfort, um einige Monate darin zu leben.
Auf der Spirit sieht die Situation deutlich ungemütlicher aus. Zwar sind die Matratzen etwas breiter, dafür dürfen fast alle, abgesehen von Kapitän und Maschinist, entweder in einem größeren Raum in drei Stockwerken oder auf von-der-Wand-klappbaren Betten im Essraum schlafen.
Und dann kommt man auf die Endeavor: Weil sie Motor- und kein Segelschiff ist, bietet sie deutlich mehr Platz unter Deck, was sich vor allem bei den Kammern sehr positiv auswirkt. Die Besatzung darf in geräumigen Zweierkammern schlafen, die auch nur dann doppelt besetzt sind, wenn tatsächlich mal 18 Forscher mitgenommen werden. Die breiten Kojen mit gemütlichem Vorhang verlocken fast dazu, anzufragen, ob man nicht für die Zeit auf Bermuda Kammern tauschen kann.
Kombüse
Nach dem Schlafen ist das zweitwichtigste Thema im Bordalltag das Essen. Fun-Fact am Rande: Geschätzte 63,7 % aller Gespräche bei KUS haben dieses Thema. Auf der Thor haben wir keine allzu große Kombüse, aber sie ist groß genug, um zu viert darin zu arbeiten; wenn sich die gesamte Backschaft in der Kombüse aufhält, wird es allerdings doch oft eng.
Die Spirit hat nur einen sehr kleinen Kombüsenbereich, dem kein eigener Raum gewidmet ist, er ist in die Messe integriert. Zwar müssen auch nur halb so viele Personen bekocht werden, trotzdem beneide ich den Koch an Bord nicht.
Die Endeavor ist der Meinung, ein Koch reicht nicht und lässt sicherheitshalber lieber zwei mitfahren. Diese haben eine sehr große Kombüse, mindestens doppelt so groß wie die der Thor und auch praktische Küchengeräte wie zum Beispiel eine Spülmaschine – aber auch eine Friteuse und eine große Eiswürfelmaschine.

Freizeitorte an Bord
Es ist schwierig zu sagen, wie die Besatzung der anderen Schiffe ihre Freizeit verbringen. Einige Dinge haben wir auf unseren Rundgängen jedoch gezeigt bekommen. Die Spirit of Bermuda besitzt unter Deck nur sehr wenige Räume, sodass in der Freizeit bei schlechtem Wetter wahrscheinlich nur übrig bleibt, sich in die Messe zu setzen. Die Messe auf der Spirit ist jedoch sehr schön eingerichtet und mit viel Holz. Über Nacht liegt die Spirit sowieso meistens im Hafen, sodass man auch viel Zeit an Land verbringt.
Auf der Endeavor gibt es mehrere Räume, in denen man sich in seiner freien Zeit aufhalten kann. Es gibt einen Essraum, eine sehr schöne Bibliothek und auch in den Kammern teilweise Tische, an die man sich setzen kann.
Die meistbesuchten Orte bei uns an Bord sind bei schönem Wetter das Deckshaus oder das Achterdeck, weil dort gezwungenermaßen immer Menschen sind und bei schlechterem Wetter die Messe oder unsere sehr gemütliche Bibliothek, in der tagsüber – und auch häufig nachts – eigentlich durchgehend Menschen anzutreffen sind, die gerade in ihr Buch versunken Seite um Seite verschlingen.

Es ist immer interessant, zu sehen, wie Menschen auf anderen Schiffen über das Meer fahren. Trotzdem muss ich sagen, dass die Thor mittlerweile so sehr unser Zuhause geworden ist, dass man nach den Besuchen immer wieder froh war, aufs eigene Schiff zurückzukommen und sich in die vertraute eigene Koje legen zu können, auch wenn sie nur 70 cm breit ist.

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