35 Objekte: Das Weckbuch. Morgens, mittags, abends – immer schläft jemand

Hanna

Datum: 04.04.2019
Autorin: Hanna

Den Schlaf und damit den Tagesablauf an Bord regelt das Weckbuch. Das Weckbuch ist ein Notizbuch in DIN-A5-Format in den Farben rot und schwarz. Die Innenseite besteht aus kariertem Papier, das pro Seite vom Nutzer grundsätzlich in acht gleich große Felder eingeteilt wird.

Hierbei steht am Anfang der Seite das aktuelle Datum sowie der Wochentag, in den Feldern stehen jeweils die Wachzeiten und die zu weckenden Personen, die sich selber eintragen. Durch den ständigen Gebrauch an Bord ist das Buch nicht im besten Zustand. Es lösen sich bereits einige Seiten aus ihrer Bindung und viele Seiten sind so abgegriffen, dass der Rand schon ausfranst. Das Wort selber setzt sich aus den zwei Teilwörtern „Weck“ und „Buch“ zusammen; das Teilwort „Weck“ kommt dabei von dem Verb „wecken“, das per Definition ursprünglich „munter machen“ bedeutet, nun aber im Normalfall das Aufwecken, also das Wachmachen (aus dem Schlaf) bezeichnet; das zweite Teilwort „Buch“ bezeichnete ursprünglich den Buchstaben, bedeutet aber inzwischen üblicherweise gebundenes Papier mit mindestens 24 Seiten.

Das Weckbuch selbst befindet sich grundsätzlich in der Navi, wobei es von dort nicht entfernt werden darf. Dort dient es dazu, der Fahrwache mitzuteilen, wer innerhalb ihrer Wache geweckt werden muss. Des Weiteren nutzen alle anderen an Bord das Weckbuch auch, um sich außerhalb des allgemeinen Weckens und des generellen Weckens 30 min vor der Wache individuell wecken zu lassen, zum Beispiel um pünktlich zum Essen wach zu sein oder noch ein Viertelstündchen länger liegen bleiben zu können.

Das aktuelle Weckbuch ist seit Anfang Dezember der Reise in Benutzung, wie mir unsere Expertin Lucie bestätigt. Zusätzlich sagt sie, dass das Weckbuch unverzichtbar für den Bordalltag sei, weil es den gesamten Tagesablauf bestimme. Besondere Einträge seien die Einträge der „Sonnenanbeterinnen“, die sich jeden morgen zum Sonnenaufgang wecken ließen, vor allem Vivi ist eine Person aus diesem Kreise. Des Weiteren gebe es lustige Einträge, wie, dass sich Personen eintragen, um nicht geweckt zu werden – oder Personen, die sich mitten in der Nacht wecken lassen, um einer anderen Person pünktlich um Mitternacht zum Geburtstag gratulieren zu können.

Hier sieht man, wie wichtig das Weckbuch für die Gemeinschaft ist und was für eine Rolle es im Bordalltag einnimmt. Es bestimmt, dass man als Wache 3 nach und als Wache 4 vor seiner Wache frühstückt, es bestimmt, wann alle wach sind, wann Reinschiff gemacht wird oder Unterricht ist und wann die Freiarbeit stattfindet. Das Weckbuch zeigt Geschichten auf, wann wer krank ist (diese Person wird natürlich nicht zur Wache geweckt) und wie die Wetterverhältnisse sind (bei Seegang und Regen stehen deutlich mehr Leute im Weckbuch, weil mehr einen Mittagsschlaf machen).

Außerdem sieht man, wenn sich jemand zum Beispiel für eine gegebenenfalls stattfindende Halse in der Nacht freiwillig meldet, um dann dafür geweckt zu werden, aber auch die Backschaft kann man anhand des Weckbuchs rekonstruieren (Weckzeit immer 05.30 oder 05.45 Uhr). Zusätzlich weiß man auch, wenn man ins Weckbuch schaut, wer wo schläft, da bei jedem wecken die Koje danebensteht. Wer gerne draußen schläft, kann man auch ganz einfach ermitteln, es steht als Information im Eintrag.

Aber warum wird kein Wecker benutzt? Ganz einfach, der Wecker wäre viel zu laut. Er würde die gesamte Kammer aufwecken, das ist gerade bei den Nachtwachen alles andere als schön für die Kammerbewohner, die nicht zur Wache müssen. Deshalb verläuft das Wecken nach einem bestimmten Ritus: Es sollte im Flüsterton mit freundlicher Stimme geschehen, wobei bei manchen Personen an Bord auf Wunsch die Kojenlampe eingeschaltet werden muss, damit sie nicht wieder einschlafen. Des Weiteren ist es entscheidend, dass die Infos über Temperatur und Wetter weitergegeben werden, damit die Person sich dann dazu passend anziehen kann. Zusätzlich muss auch noch die Zeit angegeben werden, damit die nächste Wache weiß, wie viel Zeit sie zum Bereitmachen hat.

So erfüllt das Weckbuch an Bord also seine überaus wichtige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass immer alle wach sind, wann sie wach sein müssen und die Aufgabe, das Leben auf der Thor zu dokumentieren, von den Sonnenanbeterinnen bis zu den Langschläfern, von Wache 1 bis Wache 4.

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