35 Objekte: Der Belegnagel

Jens

Datum: 04.04.2019
Autor: Jens

Nägel gibt es auf der Thor nicht nur in den Schubladen der Last, um Materialien zusammen zu hämmern, sondern auch an Deck. Dort sind sie aber nicht vorhanden, um die Stabilität der Thor zu garantieren, sondern, um unsere Tampen zu sichern. Dann heißen sie Belegnägel.

Den Belegnagel gibt es in verschiedenen Ausführungen: Zum einen aus Holz und zum anderen aus Stahl. Letztere Variante ist etwa 30 cm lang, schlank und gleichzeitig stabil geformt; sie ist entweder silber glänzend oder durch Salzwasser, Seeluft und Zeit mit einer Patina überzogen. So werden aus messingfarbenen Nägeln schnell braun-grünliche, die sich farblich mit den Tampen ergänzen.

Der Nagel hat eine breitere, obere Hälfte und eine schlanke, untere. So kann er problemlos in den für ihn vorgesehenen Öffnungen in den Nagelbänken gesichert werden, ohne nach unten hindurchzufallen. Der Stahl-Belegnagel hat eine perfekt abgerundete, glatte Oberfläche und keinerlei Unebenheiten. Wenn man einen Stahl-Belegnagel in die Hand nimmt, so wird man überrascht von seinem Gewicht sein. Diese Nägel sind wirklich massiv.

Die Holzausführung des Belegnagels ist sehr ähnlich, jedoch weist sie einige Unterschiede auf.

So sind die Holz-Belegnägel an der breiteren, oberen Hälfte nicht abgerundet und haben eine Art Kopf, wie die Stahlvariante, sondern besitzen eine plateauartige Oberseite. Obwohl auch die Holznägel sehr glatt geformt sind, fühlen sie sich nicht annähernd so perfekt verarbeitet und angenehm an wie die Stahlnägel. Jedoch haben die Nägel aus Holz einen großen Vorteil, da sie durch das geringere Gewicht deutlich einfacher zu handhaben sind.

Doch warum gibt es sowohl Nägel aus Holz als auch aus Stahl? Die Holznägel sind praktischer und leichter, jedoch ist ihre Tragfähigkeit nicht so hoch wie bei ihren Pendants aus Stahl. Das klingt erst mal nach einem Nachteil, doch die geringere Stabilität hat auch einen großen Vorteil: Wenn der Zug auf einen Tampen zu hoch wird, weil der Wind zu stark in das Segeltuch bläst, so kann der Holznagel der Kraft nachgeben und so dafür sorgen, dass Druck aus dem Segel genommen wird und dieses geschont wird.

Die Belegnägel sind an Bord stets auf bzw. in den Nagelbänken zu finden. Sie haben, wie der Name verrät, die Funktion, mit Tampen belegt zu werden. Dies läuft folgendermaßen: Der Tampen, welcher auf dem Nagel belegt werden soll, wird einmal unter der Nagelbank durchgeführt und von hinten um den Nagel gelegt. Dann wird der Tampen auf der entgegengesetzten Seite auf der Nagelbank um den Nagel geführt, im Anschluss noch einmal unter der Nagelbank und als letztes wird oben auf der Nagelbank auf den herumgelegten Tampen ein Kopfschlag gemacht. Dies bedeutet, dass der Tampen in einer Schlaufe um den Nagel geführt wird und der Teil des Tampens, welcher unten liegt, parallel zum bereits vorhanden Tampen festgezogen wird, sodass sie direkt aufeinanderliegen und sich gegenseitig beklemmen. So kann der Tampen sich nicht lösen. Diese Abfolge des Belegens folgt auf das Kommando „fest und belegen“, welches ertönt, wenn die Aufgabe, die es am Segel zu tun gab, erledigt ist.

Dadurch haben an Bord alle KUSis und alle Crewmitglieder mit dem Belegnagel zu tun und es gibt niemanden, der noch nie einen in den Händen hielt. Die Nägel sind Bordbestand und haben keinen festen Besitzer.

Egal ob aus Holz oder Stahl, ob Geien, Bullen oder Schoten auf ihnen belegt sind, die Nägel sind ein essentieller Gegenstand für den Segelbetrieb an Bord. Ohne die Nägel könnten wir unsere Tampen weder festmachen, noch aufschießen und es wäre unmöglich, zweimal über den Atlantik zu segeln. Jeder KUSi kennt die Nägel und auf der Reise hat noch kein Manöver ohne Ausrufe wie: „Vergiss den Nagel nicht“ oder „An Steuerbord fehlt noch ein Nagel“, funktioniert. Denn bei einer Halse oder Wende, wenn viel an den Tampen und Segeln gearbeitet und verändert wird, fällt auf, dass ohne die beweglichen Belegnägel der gesamte Bordbetrieb zusammenbrechen würde.

Wenn man mit der Thor segelt und die Gaffelsegel von Backbord nach Steuerbord umschiftet oder auch von Steuerbord nach Backbord, so ist besonders die doppelte Bullenführung extrem wichtig.

Die Bullen sind Tampen, welche am Baum des Segels an Back- und Steuerbord angebracht sind und dafür sorgen, dass der Baum sich durch den Wind oder die Schiffsbewegungen nicht bewegt. Den Baum so festzusetzen ist unerlässlich, um die Sicherheit aller Besatzungsmitglieder sicherzustellen, weil solch ein Segelbaum eine enorme Kraft und Masse besitzt, die man lieber nicht am eigenen Leib spüren möchte. Ohne die Stahlnägel könnte die Bordcrew die Kraft von Wind und Welle, die gerne mit den Bäumen der Segel spielen würden, nicht kontrollieren.

Doch dass die Nägel an Bord sind, hat noch einen weiteren großen Vorteil für die Besatzung, denn die Nagelbänke, in denen die Belegnägel zuhause sind, eignen sich sehr gut zum darauf sitzen und insbesondere auf der Hinreise quer über den Atlantik wurde das Mittagessen oft auf der Nagelbank sitzend verspeist.

Mit den Belegnägeln ist es wie mit uns Menschen. Mal stehen sie unter Druck und müssen große Lasten ertragen, die auch an ihnen Spuren hinterlassen und manchmal sind sie ganz frei, müssen keine Tampen halten und können einfach in der Sonne und der salzigen Seeluft eine Patina aufbauen, die ihnen ein ganz besonderes und individuelles Aussehen verleiht. So, wie wenn die Kusis in ihrer raren Freizeit auf der Thor auf dem Deckshaus sitzen und einfach die Sonne und die Seeluft genießen.

Fest steht, dass die Belegnägel enorm wichtige Teile des Schiffes sind, ohne die der Bordbetrieb nicht funktionieren würde, deren Wichtigkeit aber erst auf den zweiten oder dritten Blick klar wird.

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