So haben wir den Sozialismus erlebt

JandrikValentin

Autorin: Vali, Jandrik

Egal, wo in Kuba wir uns befanden, überall merkten wir eine Sache besonders: den Sozialismus. In Kuba ging alles über den Staat. Wollten wir etwa eine Schule besuchen oder bei Regen Fahrrad fahren, so musste das vom Staat abgesegnet werden.

Aber beginnen wir am Anfang unseres Kuba-Aufenthalts. Bei unserer Fahrradtour durch Kuba war der Sozialismus noch nicht so präsent, außer, dass zum Beispiel in den Läden mit den „Luxus-Artikeln“ nur gewöhnliche Dinge, wie Waschmittel, Speiseöl, Butter und ein paar wenige Hygieneprodukte, die wir durch unseren Alltag zu Hause als selbstverständlich angesehen haben, verkauft werden, was wahrscheinlich auch was mit der Kuba-Blockade zu tun hatte und nicht nur wegen des Sozialismus so ist.

In Viñales kamen wir dann zum ersten Mal so richtig mit dem Sozialismus in Berührung, in Form der Tabak-Finkas. Die meisten dieser Finkas waren staatlich oder gaben einen bestimmten Anteil an den Staat ab, wofür sie alle denselben Preis bekamen. Nur die Finkas, die mit Touristen zu tun hatten, konnten für Bauern-Zigarren viel verlangen. Dadurch erfuhren wir, dass in Kuba die Menschen mit zusätzlichem Kontakt zum Tourismus wohlhabender waren als diejenigen ohne. Als privater Tabakbauer konnte man zu seinem Verkauf noch Führungen anbieten und damit eindeutig mehr verdienen als ein staatlicher Bauer.

Als wir dann die Friedrich-Engels-Schule besuchten, merkten wir, was der Sozialismus für die Bildung der Schülerinnen und Schüler bedeutete. An der Schule wurden wir von ausgewählten, vom Sozialismus überzeugten Jugendlichen herumgeführt, was vermuten ließ, dass wir den Sozialismus nur von der positiven Seite sehen sollten. Auf die mehrfach gestellte Frage, ob Kritik am System erlaubt sei, bekamen wir von unseren Freunden als Antwort, dass Kritik schon erlaubt sei, es aber keine gäbe. Was auch sehr auffällig war, waren die Bilder von Fidel Castro und Che Guevara, die sogar in den Schlafsälen der Schüler standen. Beim Besuch dieser Schlafsäle am Abend wurden wir mit Parolen und Liedern der Revolution im militärischen Stil begrüßt. Wir erfuhren jedoch auch, dass durch den Sozialismus die Bildung, also von der Grundschule bis hin zur Universität, und das Gesundheitswesen kostenlos für die Einheimischen sind, was für die Bevölkerung sehr hilfreich ist. Zum Beispiel ist für die Jugendlichen nicht nur der Besuch dieser Schule kostenlos, sondern auch das Internat.

Den Sozialismus bekamen wir in den Kleingruppen dann nochmal richtig zu spüren und dies generell eher beim Einkaufen. Die Waren kosteten in ganz Kuba gleich viel, so gab es Rum, der ein paar Pesos kostete, aber auch jenen, der exportiert wurde und somit um ein Vielfaches teurer war. An jeder zweiten Ecke gab es einen Laden, an dem Essen sehr billig für unsere touristischen Verhältnisse verkauft wurde, meist also nur ein paar Cent. Dies war möglich, da durch die Blockade Amerikas die importierten Lebensmittel, wie z.B. Milch, nur teilweise vorhanden waren. Dadurch, dass Schiffe, die Kuba einmal angelaufen hatten, sechs Monate nicht in die USA kommen durften, wollen viele Länder weder mit Kuba verhandeln noch unterstützen, weshalb es einen Öl-Mangel gibt und der Transport mit Lastwagen nicht überall möglich war und sogar Wassermangel in den abgelegeneren Regionen Kubas auftritt.

Aber nochmal zur Lebensmittelversorgung. Damit die Bürger Kubas weiterhin an Essen kommen, haben sie entweder schriftliche Berechtigungen für eine Essensration, so genannte Libretas oder eben die zwei Währungen. Die einzigen Lebensmittel, die es noch „reichlich“ gibt, sind Weißmehl, Reis, nicht ganz so qualitative Wurst und Honig. Wir fanden zum Beispiel Bäckereien, in welchen Weißbrot „verkauft“ wurde, also die Einheimischen mit der Bescheinigung hingehen und gegen eine Unterschrift dort ihr Brot bekommen, während wir mit unserem Geld nichts anfangen können, da wir solch einen Schein nicht haben.

Für uns, die die Demokratie gewöhnt sind, war der Sozialismus auf Kuba sehr interessant, wobei wir uns aber anfangs schwer taten, zu verstehen, wieso sie den Sozialismus gewählt haben. Als wir der staatlichen Organisation ICAP (Kubanisches Institut für Völkerfreundschaft), mit welcher wir reisten, einen Besuch abstatteten, wurden wir mehrmals auf die Arbeitsbrigaden hingewiesen, zu welchen man sich anmelden konnte, um der kubanischen Wirtschaft freiwillig zu helfen und gleichzeitig einen kulturellen Austausch zu erleben. Von dieser Organisation bekamen wir ein Schreiben, das uns als kubanische Austauschschüler und Freunde Kubas auf der Durchreise auswies und uns das Reisen erleichtern sollte. Jedes Mal, wenn wir also etwas benötigten und nicht weiterkamen oder ein Kubaner nicht einverstanden war mit unserem Angebot, holten wir unser Schreiben hervor und voila, wir bekamen alles billiger, schneller und besser, was für sie bzw. den Staat vergleichsweise ein Verlust war. Wir interpretierten dies u.a. so: Die Kubaner hatten keine Lust, sich mit dem Staat anzulegen und gaben dann lieber nach. Dies könnte auch die Erklärung dafür sein, dass niemand Kritik am System hatte. Was für ein Zufall!

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