Logbuch vom 16.3.2020

Detlef SoitzekMartin

Am heutigen Montag, den 16. März 2020, stehen wir um 15 Uhr Bordzeit (17 Uhr UTC) auf der Position 45°40‘N und 052°27‘W. Der Wind kommt mit 4 Bft aus NNE, und wir laufen mit den dichtgeholten Gaffelsegeln zur Unterstützung der Maschine Kurs 100°.

Hinter uns liegt ein schönes Wochenende, an dem wir am Samstag nach dem Ende der Unterrichtswoche und nach einem gründlichen Großreinschiff zum ersten Mal seit langem wieder Zeit für eine Besanschot-an-Zeremonie hatten. Bei dem schönen Wetter, das im Hochdruckgebiet herrschte, konnten wir uns dafür sogar auf dem Achterdeck versammeln. Am gestrigen Sonntag bereiteten wir uns nachmittags für die Kaltfront vor, die uns in der Nacht zum heutigen Montag überholen sollte: die obersten bzw. äußersten Segel wurden geborgen und gepackt, die Tauwerkcoils auf den Nagelbänken gesichert, die Schlagklappen ums Deckshaus geschlossen und die Planen über die Oberlichter gezogen.

Die Kaltfront kam wie erwartet um drei Uhr morgens, begleitet von einem Winddreher um 120° und kräftigem Regen. Wir konnten problemlos die vorbereitete Halse fahren, mussten dann allerdings bei Gegenwind umgehend die Maschine zu Hilfe nehmen, um auch auf dem neuen Amwindkurs Strecke in Richtung Azoren gutmachen zu können. Heute Mittag wurden auch die letzten beiden Rahsegel gepackt, und wir haben nur noch Stützsegel gesetzt.

Unser schulisches Programm läuft planmäßig, und bislang fordert auch der zunehmende Seegang nur wenige Opfer. Neben den Hauptfächern, in denen jetzt besonders Chemie und Mathematik Aufmerksamkeit (auf die bevorstehenden Klausuren) fordern, lernen die Schüler in den Freiarbeitszeiten und in den Additumsstunden selbstgesteuert und in kleineren Gruppen, um sich auf die Rückkehr in die Heimatschulen vorzubereiten. Einen direkten Bezug zu unserer Alltagswelt lieferte in dieser Woche Jandrik mit seinem Referat über die Umkehrosmose, mit der wir hier an Bord Trinkwasser gewinnen. Daneben laufen unsere Workshops und Praktika, und auch hier besteht der gleiche Bezug: Maschinist Willi und seine Praktikanten warten und kontrollieren die Umkehrosmoseanlage.

Ein Thema an Bord ist der Coronavirus mit seinen Auswirkungen auf Deutschland, die Azoren bzw. die Welt an Land, von denen wir in den Bordnachrichten erfahren. Bei uns an Bord gibt es keine Symptome von Atemwegserkrankungen, und wir scheinen eine der wenigen deutschen Schulen zu sein, die noch Unterricht abhalten. Wie unser Programm auf den Azoren nun aussehen wird, ist noch offen. Dazu stehen wir in regelmäßigem Kontakt mit unseren Büros und Agenten an Land. Für die angelaufene Woche spielt es noch keine Rolle, da unsere Ankunftszeit (ETA) für den 26.03. geplant ist. Bis Horta sind es noch 1153 sm.

Dr. Martin Goerke, Projektleitung an Bord, und Detlef Soitzek, Kapitän

Menu