Es ist Montag der 16.12.2019. Um 14 Uhr Bordzeit (17 Uhr UTC) befinden wir uns auf der Position 12°47,5‘N und 060°47,1‘W. Bei Sonnenschein und Ostwind freut sich die Besatzung darauf, bald wieder Land zu sehen. Allen an Bord geht es gut, und bei 4-5 Bft steuern wir die Karibik mit einem Kompasskurs von 270° an.
In der letzten Woche der Atlantiküberquerung schließen wir die Unterrichtsetappe mit zwei Tests ab. Obwohl sich viel mit Schule beschäftigt wurde, ging die Bordroutine nicht verloren – Backschaft, Wache gehen, Essen, Schlafen, Wache gehen. Außerdem schlossen die letzten Schüler ihre ersten Praktika ab. Als Bootsmannpraktikanten lernten zum Beispiel Lukas und Emil, wie man ein Segel richtig näht. Diese neu erlernte Fähigkeit konnte letzten Samstag bei einigen Schiffsarbeiten, wie kleineren Reparaturen an der Breitfock, gleich angewandt werden. Auch Maschinen- und Proviantpraktikanten können stolz auf ihr neu Erlerntes sein.
Der erste Vogel zeigte uns die Nähe zu unserem Ziel. Uns erinnerte das auch an das Ende der Atlantiküberquerung und die damit immer näher rückende erste Schiffsübergabe. Dabei wird das Schiff in die Hand der Schüler übergeben und alle Positionen des Stammes von uns neu besetzt. Zu besetzen waren die vier Wachführerposten (Finn, Emma, Mona, Jasper) und ihre Assistenten (Magdalena, Maike, Lea, Julia), auf schiffstechnischer Ebene Bootsfrau (Merle), Maschinistin (Elive) und Proviantmeisterin/Smut (Sophia) und wir, als Schiffs- und Projektleitung. Diese besteht aus unserem Kapitän (Jere), seinen zwei Steuermännern (Paul, Jandrik) und zwei Projektleiterinnen (Katharina, Felicitas). Zusätzlich hatten wir noch kreative Bewerber, welche während der Übergabe als Bäcker (Emil) und Waschbeauftragte (Lara) agieren.
Gestern um 15.30 übergab Kapitän Detlef sein Amt symbolisch an Jere, damit fiel der Startschuss zur Schiffsübergabe. Die Ankunftszeit an unserem Ankerplatz vor Palm Island, St. Vincent and the Grenadines, war 20 Uhr. Eine Stunde davor haben wir unseren Lotsen am vereinbarten Treffpunkt aufgenommen, um zu erfahren, wo genau wir den Anker fallen lassen können. Damit diese Zeit eingehalten werden konnte, benötigten wir aufgrund der Windverhältnisse unsere Hauptmaschine, was eine zusätzliche Herausforderung für die Maschinistin war. Neben der allgemeinen Verantwortung war die Halse um 16.00 Uhr der Höhepunkt für den Schülerkapitän. Seit 18.00 Uhr war für uns die Silhouette Palm Islands gut erkennbar und die Aufregung stieg, umso genauer die Umrisse wurden. Sobald der Anker fest lag, sprühte die Besatzung vor Freude und begann zu realisieren, dass dies das Ende unsere voraussichtlich längsten Seeetappe war. Heute Abend wird die Schiffsübergabe und das Ankommen in der neuen Welt feierlich mit der gesamten Besatzung beendet.
Während es in Deutschland wahrscheinlich schon schneit, werden wir das türkisblaue Meer, den weißen Sand und die hohen Palmen in vollen Zügen genießen.
Durch einstimmigen Beschluss der Schüler werden wir unsere Handys erst nach dem Einlaufen in Grenada in Betrieb nehmen.
Katharina und Felicitas, Schülerprojektleiterinnen, und Jeremias, Schülerkapitän