Datum: Mittwoch, der 08.04.2015
Mittagsposition: 44° 43,7′ N; 017° 35,1′ W
Etmal: 93 sm
Wetter: Lufttemperatur: 13° C, Wassertemperatur: 13° C, Wind: ENE1-2
Autorin: Steffi
„Die neue Liste mit den Bordtagebüchern liegt jetzt in der Bibliothek, bitte tragt euch alle ein!“, ertönt die beliebte Ansage der Projektleitungsassistenten. Ein Raunen geht durch die Menge, doch jeder muss Bordtagebuch schreiben. Die Ersten laufen los und tragen sich gleich für den Tag ein, an dem ihre Geschwister, Eltern oder Freunde Geburtstag haben. Wenn der Tag schon besetzt ist, startet das große Herumgetausche, denn es ist erlaubt, kleine Geburtstagswünsche an das Ende des Textes zu schreiben, was eine der wenigen Möglichkeiten ist, mit Daheim zu kommunizieren. Letztendlich sind dann doch alle zufrieden mit ihrem zugeteilten Tag oder es ist ihnen komplett egal.
Und dann ist das Thema Bordtagebuch erst einmal für einige Zeit abgeschlossen, bis der Deutschlehrer einen daran erinnert: „Steffi, du weißt, dass du übermorgen Bordtagebuch schreibst?“ „Na klar“, antwortet man schnell, und der Gedanke an das Bordtagebuch ist wieder parat.
„Kai, über was soll ich schreiben?“ Er antwortet immer dasselbe: „Denk mal darüber nach, was heute passiert ist und mache dann ein Brainstorming in Form einer Mindmap. Viele Schüler haben damit sehr positive Erfahrungen gemacht!“ Und wenn ich mir dann Gedanken mache, ist meistens schon einiges passiert: Wache im Regen, gutes Essen, erfolgreiche Freiarbeit und viel Spaß mit den Freunden, aber dass will ja keiner wirklich lesen oder wurde schon öfters beschrieben. Also fragt man doch noch einmal Kai: „Kai, über was soll ich schreiben?“. Zusammen einigt man sich dann bei solchen Tagen auf ein generelles Thema, welches man an jedem Tag beschreiben könnte, einen durch den Alltag begleitet und noch ungenannt ist. (Genau das ereignete sich bei diesem Bordtagebuch: „Ein Tagebuch über Tagebücher, das ist doch einen neues und interessantes Thema.“)
Anschließend macht man sich Gedanken über die Textform. Verschiedenste Textformen stehen uns frei und eine Liste möglicher Formen zur Verfügung. Entweder hat man gleich eine Idee, oder man öffnet das Dokument, scrollt herunter, lässt die Maus irgendwo und irgendwann stoppen, und wählt dann eine neue Textform, um Abwechslung zu erreichen. (Dieses Phänomen klappt sehr gut und macht gleichzeitig großen Spaß.) Und jetzt kommt Kais heißbegehrtes Mindmappen, Brainstormen oder Gedankennetzen ins Spiel. Das muss man aber dann immer gleich mit den Freunden besprechen und diskutieren, bis ein richtiges Gedankennetz im wahrsten Sinne des Wortes herauskommt.
Nachdem alle Gedanken und Ideen gesammelt sind, holt man sich den alten, schweren Laptop mit der Klebebandaufschrift „Tagebuch“ aus dem Laptopschrank. Meistens ist der Akku leer. Man muss ein weiteres Mal alle vor dem Schrank sitzenden Personen bitten aufzustehen, um das nötige Lade- und Netzkabel herauszunehmen, und dann will und kann man durchstarten. Aber nein, da hatte man gleich doppelt Pech: Der Generator ist aus. Das bedeutet, dass man keinen Strom zum Laden des Laptops hat. Man ärgert sich, aber hat dann doch kein Problem damit, das Tagebuch noch nicht zu schreiben. Da muss ich dann wohl mit meinen Freunden etwas Lustigeres machen, als in der Messe sitzen und Bordtagebuch zu schreiben. Irgendwann hat man dann doch Lust, Zeit und Strom gefunden, und der geschrieben Teil ist fertig – noch schnell in die Navi rennen und die Kopfdaten herausfinden.
Doch das habe ich vergessen: es regnet. Schuhe holen oder barfuß, das ist die Frage, die vom Timing abhängt. Ist man gut in der Zeit (also 15 Minuten vor 22.00 Uhr oder früher), kann man sich Schuhe gönnen, wenn nicht, dann nicht. Das hängt wieder mit dem Generator zusammen. Nach 22.00 Uhr ist der Generator aus und damit dann das Intranet, worin man das Tagebuch speichern soll. Das ist sehr ungünstig.
Kai liest den ersten Entwurf dann gegen und schreibt Verbesserungsvorschläge an den Rand. Diese Datei ist dann im Ordner „Von Kai korrigiert“ im Intranet zu finden und wartet darauf, korrigiert zu werden. Das Endprodukt liest Kai noch einmal und leitet diese Fassung dann an die Schiffsführung weiter. Wenn die nichts auszusetzen hat, wird das Tagebuch an das Büro in Deutschland weitergeleitet und schließlich auf die Klassenzimmer-unter-Segeln-Homepage gesetzt.
Schließlich können Sie, liebe Leser, mein Bordtagebuch lesen. Was ich an dieser Stelle noch sagen möchte: in den letzten 40 Zeilen habe ich eine etwas übertriebene Haltung zu Bordtagebüchern geschildert. Wir alle nutzen gerne die Möglichkeit, anderen gratulieren zu können und unseren Familien, Freunden und allen Interessierten so bunt wie möglich unser Thorleben zu beschreiben, obwohl es Zeit und Überwindung kostet.
Liebe Clea, lieber Luki, ich wünsche euch von Herzen alles Gute zum 12. Geburtstag. Bleibt, wie ihr seid! Bis bald, eure Steffi!