4,5 kg Toblerone – nach drei Monaten Entzug

Schülerin Louise Datum: Montag, der 26.01.2017
Mittagsposition: 18° 10,0′ N; 082° 08,9′ W
Etmal: 91 sm
Wetter: Lufttemperatur: 28° C, Wassertemperatur: 27°C, Wind: ESE3
Autorin: Louise

Viereinhalb Kilogramm Toblerone sind mehr als eine Herausforderung, vor allem, wenn sich diese auf der Thor Heyerdahl befinden oder das zumindest sollen. Die erste Schwierigkeit besteht wohl schon darin, den Koloss möglichst unbemerkt an Bord zu schaffen, ohne dass sich 47 Besatzungsmitglieder darum tümmeln und die Schokolade eigentlich schon von den Blicken, die ihr zugeworfen werden, schmilzt. Dabei muss man bedenken, dass gerade nach einem dreimonatigen Schokoladenentzug die Situation etwas extremer ausfallen kann als nach einer läppischen Woche. Inzwischen haben wir KUSis unseren Gehörsinn sozusagen in einer ultraschnellen Evolution an die Umstände an Bord angepasst. Das bedeutet Folgendes auf Deutsch: Wir gehen davon aus, dass ein Schüler in Kammer 1 noch einige kümmerliche Überreste seiner letzten Privatverproviantierung besitzt und sich nach einer anstrengenden Wache an der Verpackung zu schaffen macht, um einige der letzten Krümel zusammenzukratzen, von denen er sich Energie oder mehr Motivation für Reinschiff wünscht.

Jetzt können wir sicher sein, dass die Messe, in der bis zu dem Zeitpunkt noch munter gequatscht wurde, fast schlagartig verstummt und sich mindestens zwei Schüler – möglichst unauffällig natürlich – auf den Weg zu Kammer 1 machen, die sich, wohlbemerkt, am anderen Ende des Gangs befindet, um dort in einem sehr interessanten, vielleicht versucht schmeichelnden Tonfall den Namen des „Wohlhabenden“ zu sagen. Dieser befindet sich dann in einer uns inzwischen allen bekannten Situation: Entweder er gibt niemandem etwas ab, hat also alle seine Krümel für sich und zwei bis 47 traurige Gesichter vor sich, die das ganze spätestens am nächsten Tag hoffentlich wieder vergessen haben, oder er gibt den beiden etwas ab, was aber garantiert bedeutet, dass er mit diesem Schritt alle seine Krümel los ist und sie womöglich auch noch gerecht an alle in der Umgebung verteilen muss. An dieser Stelle würde es sich lohnen, das Wort „Umgebung“ zu definieren, weil das Schiff etwa 300 m² groß ist, was nicht unheimlich viel ist…

Kommen wir aber wieder zu unserer Toblerone. Den ersten Schritt, sie für uns zu besorgen und einzufliegen, hat die Familie Zollner gewagt. Sie hat – einer Tradition entsprechend – diese Toblerone Ruth nach Panama mitgebracht, welche dann den nächsten Schritt gewagt hat: Die Schokolade unbemerkt an Bord zu schaffen. Das ging am späten Abend vonstatten, so dass sich nur die Ankerwache über Ruths großen Beutel gewundert hat.

Die nächste Herausforderung besteht darin, die Schokolade – um viele Kommentare zu vermeiden – wieder unauffällig bis zu einem angemessenen Zeitpunkt aufzubewahren. Das wurde wiederum durch die Temperaturen, die hier im Moment herrschen, erschwert. Und so musste die 1 Meter lange Toblerone in der Kühllast verstaut werden. Das hat auch funktioniert, und der Punkt mit der Unauffälligkeit auch (fast). Wären da nicht die Backschaft und die Proviantbeauftragten. Die stören nämlich regelmäßig die einsame Ruhe der Kühllast, wo ihnen natürlich sofort die dort thronende Toblerone auffiel. So verbreitete sich die Tatsache, dass wir 4,5 Kilogramm hochwertigster Schweizer Schokolade mit uns herumfahren, auf Thor-Version wie ein Lauffeuer über das gesamte Schiff. Die Gerüchteküche brodelte noch ein letztes Mal so richtig auf, als die Backschaft eine Überraschung von Ruth zum Nachtisch ankündigte. Dazu muss man sagen, dass erstens ziemlich schnell die starke Vermutung bestand, dass es sich um die Toblerone handelte, und zweitens, dass die Toblerone ja ursprünglich gar nicht von Ruth, sondern von der (hier inzwischen sehr beliebten) Familie Zollner stammte.

Kommen wir nun zur letzten Herausforderung: 4,5 Kilogramm Toblerone in gigantischen Dreiecksstücken auf 48 Personen gerecht zu verteilen. Das war der Tagesbackschaft dann doch etwas zu hoch und sie baten uns, uns in Vierergruppen aufzuteilen. Pro Gruppe gab es dann ein überdimensionales Toblerone-Dreieck. Die Verteilung wurde dann den Gruppen selbst überlassen, wo wir auch schon zur letzten Schwierigkeit kommen, die da wäre, so viel Schokolade auf einmal nach über drei Monaten Entzug zu essen, ohne dass einem schlecht wird. Leider wurde dies nicht von allen gemeistert, wohl aber von einigen. Andere haben ihre Reste (und gegebenenfalls auch die der blassen Gruppenmitglieder) eingetütet und bewahren sie jetzt für schwache Momente auf. Man sieht also: Auf Schiffen kann man alles verkomplizieren, sogar das Schokoladenessen. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Familie Zollner! Man wächst ja bekanntlich mit jeder Herausforderung, wenn auch nicht unbedingt in die Höhe….

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