Sturm und Verschlusszustand, fast wie ein U-Boot

Judith

Datum: Dienstag, der 03.04.2018
Mittagsposition: 41°58,7‘ N; 015°11,9‘ W
Etmal: 168 sm
Wetter: Lufttemperatur: 14°C, Wassertemperatur: 13,5°C, Wind: W 7-8
Autorin: Judith

Wir befinden uns mittlerweile auf dem Atlantik. Stürme mit viel Wind und sehr hohen Wellen sind hier nicht wirklich selten. Wobei man sagen muss, dass der Nordatlantik durchaus auch schönes Wetter mit viel Sonnenschein und günstigem Wind hat. Die letzten Tage war dies der Fall, doch gestern Abend kam Detlef mit ernster Miene in die Messe und er ordnete eine Schiffsversammlung an. Es klingelte und alle versammelten sich in der Messe. Die Ansage lautete: „Morgen und in den nächsten Tagen werden uns mehrere Sturmtiefs mit ihren Fronten passieren. Es muss höchste Konzentration herrschen und wir haben ab jetzt Verschlusszustand zwei.“

Eine kurze Erklärung zu den drei Verschlusszuständen:

Verschlusszustand 1: Die Schotts am Deckshaus und die Schlagklappen an den Oberlichtern sind geschlossen.
Verschlusszustand 2: Die Schlagklappen über den Bulleyes im Deckshaus sind geschlossen.
Verschlusszustand 3: Das Schott am Messeniedergang wird geschlossen.

Schon in der Nacht merkten wir, dass der Seegang deutlich zugenommen hatte. Ich in meiner Querkoje wachte beim Schlafen immer wieder auf, da ich hin und her rutschte. Am nächsten Morgen war das Frühstück in der Messe nicht das Einfachste. Man musste alles mit der Welle machen. Als Beispiel: Man nimmt sich ein Brot und will gerade die Butter aufstreichen. Dann kommt eine Welle und man rutscht bis auf die andere Seite der Bank. Das Schiff schaukelt wieder zurück, man rutscht wieder auf den Anfangsplatz und kann weiter schmieren.

Die Wache an Deck war dann nicht so schlimm wie erwartet. Der starke Seegang und die acht Windstärken waren nicht so stark spürbar, da die Sonne schien, trotzdem war es kalt. Wenn man den Messeniedergang hinunter gehen wollte, war die Gefahr noch einmal richtig geduscht zu werden sehr groß. Wenn man Pech hatte, ging man dann schön durchgeweicht und tropfend durch den Gang. Überall hing noch das tropfende Ölzeug früherer Wachgänger. Die eigenen nassen Sachen kann man dann nicht wie zu Hause in den Trockner schmeißen, sondern man lässt sie an der Luft trocknen. Bei Salzwasser geht das nicht wirklich schnell beziehungsweise fast gar nicht.

Das alles hört sich jetzt ein bisschen ungemütlich und ekelig an, doch bei kaltem nassen Wetter ist die Stimmung unter Deck ganz besonders. Abends werden Spiele gespielt, andere lesen oder unterhalten sich einfach. Genau so ein Wetter, bei dem jeder auf den anderen achten muss und bei dem Teamarbeit gefordert ist, schweißt eine Gruppe ganz stark zusammen.

„Verschlusszustand“ klingt am Anfang immer schlimm, ist es nach zwei Tagen auch, wenn nichts mehr trocknet, doch wenn man mit einer super tollen Gruppe zusammen ist, ist es nur halb so tragisch und es hat auch seine positiven Seiten.

P.S. Alles, alles Gute zum Geburtstag Christoph.

Menu